Umweltpolitik
Wir wollen
mehr!
Der Umweltminister
und sein Staatssekretär kündigen die europaweit höchsten
Solarstrom-Fördertarife an. Ist das der längst überfällige
Richtungswechsel in der Umweltpolitik?
Dass in unserer
Zeitung Politiker nicht ständig gelobt werden, hat schon seine Richtigkeit.
Wer die Welt nicht durch eine rosa Brille betrachtet, findet selten Gelegenheit,
Lob zu spenden. Schon gar nicht dem Umweltminister, und erst recht nicht
zur Oekofoire, bei der traditionellerweise die offizielle Umweltpolitik
herber Kritik ausgesetzt ist. Doch dieses Jahr ist alles anders. Die Oekofoire
hat als Schwerpunktthema die Solarenergie, und Umweltminister Charles Goerens
und Staatssekretär Eugène Berger kündigen ausgerechnet
am Tag zuvor an, dass Luxemburg fortan die höchsten Fördertarife
Europas für Strom aus Solarzellen bezahlen wird.
Bravo, sagen
wir. Nicht zuletzt, weil es kein Geheimnis ist, dass der eigentlich für
Strompreise zuständige Wirtschaftsminister Henri Grethen und die Strom-
und Industrielobby von hohen Fördertarifen nichts wissen wollten.
Der Umweltminister und sein Staatssekretär haben sich durchgesetzt.
Das ist umso bemerkenswerter, als ihre bisherige Umweltpolitik von Rückschritten
und Unterlassungen geprägt war. Gleich bei seinem Amtsantritt hatte
Charles Goerens eine Konsequenz der demagogischen DP-Wahlkampagne in der
Hauptstadt mittragen müssen: Das BTB-Projekt wurde liquidiert. Auch
das Stromgesetz von Anfang dieses Jahres trug nur die Handschrift des zuständigen
Wirtschaftsministeriums - viel Liberalisierung und wenig Ökologisierung.
Die Umweltbewegungen sparten nicht mit Kritik. Die Schmerzgrenze wurde
dann im Bereich Naturschutz überschritten: Der "Mouvement Ecologique"
warf dem Ministerium massive Gesetzeswidrigkeiten in der Genehmigungspraxis
vor und die "Natur- a Vulleschutz-Liga" zog sich aus dem "Conseil Supérieur
de la protection de l'environnement" zurück.
Von Pressekonferenz
zu Pressekonferenz warb Charles Goerens um Anerkennung für seinen
guten Willen und um Verständnis für die Notwendigkeit von Kompromissen.
Diese Kompromisse gingen aber jedesmal einseitig auf Kosten der Umwelt.
Der hinter den Kulissen ausgetragene Kampf mit Henri Grethen erinnerte
immer stärker an jenen zwischen dem politischen Schwergewicht Robert
Goebbels und dem tapferen ewigen Verlierer Alex Bodry. Wird auch bei den
jetzt anstehenden Verordnungen über alternative Energien der Umweltminister
erklären, dass der Mentalitätswandel zwar im Gange, aber leider
wenig Konkretes herausgekommen sei?
Nein, diese
Verordnungen beinhalten eine konsequente und umfassende Unterstützung
aller erneuerbaren Energien sowie des Energiesparens. Und das Glanzlicht
darin ist der Sonnenstrom-Preis von 25 LUF pro kWh. Das ist endlich der
Startschuss für eine Umorientierung der luxemburgischen Energiepolitik.
Ein Erfolg auf der ganzen Linie also?
Wer sich die
Verordnungen genauer ansieht, stellt fest, dass nun das Umweltministerium
wieder für die Einspeisetarife der erneuerbaren Energien zuständig
ist. Aber: Es ist auch der Staat, der zahlt, und nicht etwa, wie im deutschen
Modell, die Stromverbraucher, die die Ökologisierung mitfinanzieren
- das hätte der Wirtschaftsminister nicht zugelassen. Ist der Solar-Coup
des Umweltministers vielleicht weniger ein Zeichen für politische
Entschlossenheit als eine Folge des Budget-Überschusses?
Doch Geld löst
nicht alle Umweltprobleme. Eine ökologische Steuerreform zum Beispiel
würde handfeste Interessenkonflikte ausbrechen lassen. Auf seiner
Pressekonferenz von Donnerstagmorgen gab sich Umweltminister Charles Goerens
entschlossen, auch dieses heiße Eisen anzufassen. Wir wünschen
viel Erfolg. |