LNVL  -  Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga asbl
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1997/3 S. 7-9
Habitatschutzrichtlinie in Luxemburg
Die „Richtinie zum Schutz der natürlichen und naturnahen Lebensräume sowie der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten" 92/43/CEE, im deutschen Sprachgebrauch auch als FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) bekannt, wurde am 21. Mai 1992 verabschiedet. Im Vorfeld hatten die Niederlande während ihres EG-Vorsitzes im Jahre 1991 die Gesetzgebung stark vorangetrieben.

Mit der Verabschiedung der Habitatrichtlinie kommt die EU den Verpflichtungen nach, die sie bereits mit dem Beitritt zum „Berner Übereinkommen des Europarates von 1979" (siehe Seite 13) eingegangenen ist und die sie nochmals mit der Umsetzung der Ergebnisse der Rio-Konferenz zum Schutz der Biologischen Diversität (1992) in EU-Recht bekräftigte (93/626/EWG).

Der Teil über den Artenschutz und die Anhänge der Habitatrichtlinie wurden weitgehend von der „Berner Konvention" übernommen. Neu ist hingegen der Teil über den Lebensraumschutz. Der Schutz der wildlebenden Vogelarten und ihrer Lebensräume wird weiterhin von der Vogelschutzrichtlinie geregelt. Die Habitatrichtlinie sieht die Integration der SPA in ihr Schutzgebietsnetz Natura 2000 vor.

In einer ersten Etappe erstellen die Mitgliedstaaten nach vorgegebenen Kriterien eine Liste von „Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung (SCI, Sites of Community Importance). Die anschließend in das Netz von Natura 2000 zu integrierenden Schutzgebiete werden SAC genannt (Special area for conservation).

Umsetzung

Die Umsetzung der Habitatrichtlinie erfolgt eher schleppend. 1995, drei Jahre nach Verabschiedung der Richtlinie, hatten zum Stichtag nur zwei Mitgliedstaaten Gebietslisten (SCI's) an die Kommission weitergegeben. Hierfür war in den südlichen Mitgliedstaaten vor allem ein Mangel an wissenschaftlichen Daten über Lebensräume und die Verbreitung der Arten verantwortlich, während in den nördlichen Staaten angesichts der beachtlichen Flächen, die nun der EG-Kontrolle übergeben werden sollen, eher eine Verzögerungspolitik betrieben wurde.

Luxemburg

Da viele Länder, darunter auch Luxemburg, ihre Gebietslisten (SCI's) drei Jahre nach Verabschiedung der Habitatrichtlinie nicht vorlegen konnten, wurde mit der Kommission ein neuer Termin (Sommer 1997) vereinbart. In Luxemburg wurde 1996 im Rahmen des europäischen Förderprogrammes LIFE eine erste wissenschaftliche Gebietsliste erstellt. Diese Liste wurde in den zurückliegenden Monaten überarbeitet und im Juli von den für die verschiedenen Organismengruppen zuständigen Experten akzeptiert. Bevor diese Liste in Brüssel eingereicht wird, muß sie vom „Conseil des Ministres" gutgeheissen werden.

In Luxemburg wurden neben den Arten aus Anhang II der Habitatrichtlinie auch die nationalen Roten Listen berücksichtigt. Die Auswahl der SCI's wurde durch den Mangel an systematisch erhobenen und aktuellem Verbreitungsdaten erschwert. Hier besteht ein großer Nachholbedarf, der in Zukunft behoben werden muß. Dies auch um den mit der Richtlinie verbundenen Verpflichtungen - Überwachung der Schutzgebiete und Arten (Artikel 11), Durchführungsbericht (Artikel 18) und Forschungsprojekte (Artikel 18) - nachzukommen.

Wie bei der Vogelschutzrichtlinie ist auch bei der Habitatrichtlinie von Bedeutung, daß die Mitgliedstaaten durch die nationale Gesetzgebung die Maßnahmen definieren müssen, mit denen sie den Schutz der Lebensräume und Arten sicher stellen wollen. Die Habitatrichtlinie selbst schreibt als Hauptziel lediglich die Bewahrung oder die Wiederherstellung „... eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse..." vor.
 
Anhänge der Habitatrichtlinie

I: Natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, zu deren Schutz die Ausweisung Spezieller Schutzgebiete (Special areas of conservation, SAC) erforderlich ist. 

II: Tiere und Pflanzen von gemeinschaftlichem Interesse, zu deren Schutz die Ausweisung Spezieller Schutzgebiete (Special areas of conservation, SAC) erforderlich ist. 

III: Kriterien für die Auswahl der Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse (SCI) und der Speziellen Schutzgebiete (SAC). 

IV: Tiere (IVa) und Pflanzen (IVb), die strengen Schutz bedürfen. 

V: Tiere und Pflanzen, die nur im Rahmen von Managementmaßnahmen genutzt werden sollten. 

VI: Verbotene Fang- und Tötungsmethoden 

Habitatrichtlinie in Luxemburg (Anhang I und II)

Liste der in Luxemburg vorkommenden Lebensräume aus Anhang I

Die in Anhang I aufgelisteten Lebensräume sind von gemeinschaftlichem Interesse. Für sie müssen besondere Schutzzonen ausgewiesen werden. Die Liste unterscheidet zusätzlich prioritäre Arten (*). 

Stehende Gewässer
• Oligotrophe Gewässer mit wechselnassen Zwergpflanzenfluren
• Oligo- bis mesotrophe kalkreiche Gewässer mit Armleuchteralgen-Gesllschaften
• Eutrophe Gewässer mit Schwimmblatt- und Laichkrautgesellschaftem
Fließgewässer
• Submontane und planare Fließgewässer mit Fluthahnenfuß-Gesellschaften
Heiden und Gestrüpp mässig warmer Standorte
• Trockenheiden mit Heidekraut
Strauchgesellschaften/Gestrüpp
• Kalkfelsen mit Buchsbaum-Beständen
• Heiden und Kalkrasen mit Wacholder-Beständen
Natürliche und naturnahe Rasengesellschaften
• Kalkrasen der Kelchsteinkraut-Mauerpfeffer-Gesellschaft*
• Sandige Kalkrasen*
• Trockene Kalkrasen der Schwingel-Steppen und Trespenrasen*
• Borstgrasrasen auf Silikatgestein*
• Pfeifengraswiesen auf kalkreichen Torf- oder Lehmböden
• Nitrophytische Saumgesellschaften und Uferstaudengesellschaften an Wäldern und Fließgewässern
• Magere Mähwiesen
Moore
• Übergangsmoore
• Tuffquellen mit Kalkquellfluren*
Felsen
• Mitteleuropäisches Silikatgeröll
• Mitteleuropäisches Kalkgeröll
• Gesellschaften der Kalkfelsspalten
• Silikatfelsspaltengesellschaften
• Pioniervegetation auf Silikatfelsen
Wald
• Hainsimsen-Buchenwald
• Buchenwald mit Stechpalme
• Waldmeister-Buchenwald
• Orchideen-Buchenwald
• Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald
• Steinschutthalden-Wälder (Linden-Bergahornwälder)*
• Bewaldetes Torfmoor*
• Reste von Erlenbruchwald* 
 
Von den etwa 200 Habitat-Typen aus Anhang I der Habitatrichtlinie kommen 29 in Luxemburg vor. Verschiedene dieser Lebensräume sind bei uns weit verbreitet, wie die Hainsimsen- und die Waldmeister-Buchenwälder, die meisten kommen nur noch sehr kleinflächig vor. Andere sind wiederum vom Typ her kleinflächig ausgebildet. 8 Lebensräume sind prioritär.

Liste der in Luxemburg vorkommenden Pflanzen- und Tierarten aus Anhang II.

Die in Anhang II aufgelisteten Tier- und Pflanzenarten sind von gemeinschaftlichem Interesse. Für sie müssen besondere Schutzzonen ausgewiesen werden. Die Liste unterscheidet zusätzlich prioritäre Arten (*). 

Anhang IIa: Tiere

Fledermäuse
• Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum)
• Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros)
• Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
• Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini)
• Wimperfledermaus (Myotis emarginatus)
• Großes Mausohr (Myotis myotis)
Raubtiere
• Fischotter (Lutra lutra)
Amphibien
• Kammolch (Triturus cristatus cristatus)
• Gelbbauchunke (Bombina variegata variegata)
Fische
• Bachneunauge (Lampetra planeri)
• Lachs (Salmo salar)
• Groppe (Cottus gobio)
Muscheln
• Flußperlmuschel (Margaritifera margaritifera)
• Bachmuschel (Unio crassus)
Schmetterlinge
• Großer Feuerfalter (Lycaena dispar)
• Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia)
• Spanische Fahne (Euplagia quadripunctaria)* 

Anhang IIb: Pflanzen

• Borstenfarn (Trichomanes speciosum)
• Grünes Gabelzahnmoos (Dicranum viride) 
 
Von den über 400 Arten aus Anhang II kommen 20 Arten in Luxemburg vor, 18 Tierarten und 2 Pflanzenarten (von 278 Pflanzenarten). Die einzige prioritäre Art ist die Spanische Fahne, eine Schmetterlingsart. Mit 6 Arten sind die Fledermäuse besonders stark vertreten. 


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