Pressekonferenz der LNVL vom 15.9.2005:
Wasser
ist keine übliche Handelsware,
sondern ein ererbtes Gut,
das geschützt, verteidigt und
entsprechend behandelt werden muss.


(Erster Erwägungsgrund der Wasserrahmenrichtlinie)

Die WRRL: eine ökologische Richtlinie – auch in Luxemburg?

Inhalt
  • „Guter ökologischer Zustand“ und Feuchtgebiete
  • Die Nutzung der Auen: Probleme und Lösungen
    • Landwirtschaft
    • Siedlung und gewerbliche Nutzung
    • Verkehr
  • Flora, Fauna, Naturschutzgebiete
  • Umweltverträglichkeitsprüfung
  • Wasserpreis und Umweltschutz: ein positiver Ansatz
  • Wasserpreis und soziale Verantwortung
  • Wasserwirtschaftsamt ins Umweltministerium !!!

Überschwemmte Städte, das Vordringen der Wüste in fruchtbare Gebiete, verunreinigtes Trinkwasser, schlechter Zustand der Badegewässer: Nirgends sieht man die Veränderung unserer Umwelt besser als beim Wasser!

Die WRRL: eine ökologische Richtlinie...

In Europa setzt die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) den Rahmen für Schutz und nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen. Im Herbst soll (mit 2 Jahren Verspätung) die Umsetzung in nationales Recht erfolgen - eine „maximalistische Umsetzung“, so Innenminister Halsdorf.
 
WRRL Artikel 1 Ziel dieser Richtlinie ist die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Binnenoberflächengewässer (…) und des Grundwassers zwecks
  • Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt
  • Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen
  • Anstreben eines stärkeren Schutzes und einer Verbesserung der aquatischen Umwelt, …
  • Sicherstellung einer schrittweisen Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung seiner weiteren Verschmutzung; und
  • Beitrag zur Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren...

  • Wichtige Neuerungen für die Wasserbewirtschaftung:
    • Schutz und Nutzung der Gewässer durch eine an Flusseinzugsgebieten und nicht an Verwaltungsgrenzen orientierten Bewirtschaftung
    • Erreichen eines guten ökologischen und chemischen Zustands aller Oberflächengewässer und eines guten chemischen und mengenmäßigen Zustands des Grundwassers bis 2015
    • Verschlechterungsverbot des Gewässerzustands
    • Berücksichtigung der Umweltkosten und des Verursacherprinzips bei der Berechnung des Wasserpreises
    • Einbinden der Bevölkerung
    Der qualitative und quantitative Schutz der Gewässer, die große Bedeutung der Feuchtgebiete für deren Schutz, die Bekämpfung von Umweltbeeinträchtigungen an ihrem Ursprung und das Integrieren von Schutz und nachhaltiger Bewirtschaftung von Gewässern in andere politische Maßnahmen sind in der WRRL verankert.

    ... auch in Luxemburg?

    Die WRRL ist also eine ökologische Richtlinie. Die Tatsache, dass der Bereich „Wasser“ aus dem Umweltministerium ausgelagert wurde sowie aktuelle Presseberichte und Aussagen von Seiten des Innenministeriums tragen dem jedoch wenig Rechnung.

    Þ Die LNVL befürchtet eine große Diskrepanz zwischen den Potenzialen der WRRL und der Umsetzung in nationales Recht wie auch in die Praxis.

    Guter ökologischer Zustand“ und Feuchtgebiete

    Oberflächengewässer müssen bis 2015 in einem guten ökologischen Zustand sein, der nur geringfügig vom Leitbild, dem sehr guten ökologischen Zustand, abweichen darf.

    Ein Bach in einem sehr guten ökologischen Zustand ist laut WRRL nicht oder nur geringfügig vom Menschen verändert. Er passt sich dem Gelände durch einen mäandrierenden Verlauf an, im Sommer in einem schmalen „Sommerbett“, bei heftigen oder andauernden Regenfällen in einem breiten „Winterbett“, das weite Bereiche des angrenzenden Landes begreifen kann und eine Vegetation aufweist, die typisch für diese zeitweiligen Überschwemmungen ist. Eine Trennung in „Bach“ einerseits und „Feuchtgebiete“ andererseits – wie in Luxemburg auf administrativer Ebene praktiziert - ist also unzulässig! Die Überschwemmungsfläche, die Aue, ist Teil des Baches.

    Der von der WRRL geforderte „gute Zustand“ muss sich an diesem Leitbild bei der Restauration naturnaher Bäche und ihrer Auen orientieren.

    Die WRRL fordert:
    … aquatische Ökosysteme und die direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete zu schützen… (23. Erwägungsgrund)

    Auch die EU-Leitfäden zur WRRL sehen Feuchtgebiete alsTeil des Gewässerkontinuums und empfehlen, die vielfältigen Funktionen von Feuchtgebieten bei der Bewirtschaftung von Einzugsgebieten gebührend zu berücksichtigen und die funktionelle Bedeutung der Feuchtgebiete im hydrologischen Kreislauf und Einzugsgebiet hervorzuheben.“

    Feuchtgebiete sind ökologisch und funktionell Bestandteile der Wasserumwelt und haben eine potenziell große Bedeutung für die nachhaltige Bewirtschaftung von Einzugsgebieten. Belastungen von Feuchtgebieten (wie beispielsweise physische Veränderungen oder Verschmutzung) können sich auf den ökologischen Zustand der Wasserkörper auswirken. Maßnahmen zur Bewältigung solcher Belastungen und zur Begrenzung dieser ökologischen Schäden sollten daher im Rahmen der Bewirtschaftungspläne für das Einzugsgebiet berücksichtigt werden, sofern sie notwendig für die Erreichung der Umweltziele der WRRL sind. In Feuchtgebieten vollzieht sich regelmäßig und in hohem Ausmaße eine Reihe von Prozessen, die sich insgesamt für das menschliche Wohlergehen, die Natur und den Erhalt der Umweltqualität günstig auswirken. Die besonderen zeitlichen und räumlichen Muster des Wasserhaushalts sowie andere besondere Merkmale von Feuchtgebieten, etwa charakteristische Pflanzen- und Tiergemeinschaften, aktiv Biomasse akkumulierende Ökosysteme und das Angebot jahreszeitlich bedingter Laichplätze für Fische machen in ihrer Gesamtheit die Einzigartigkeit der Feuchtgebiete ebenso verständlich wie ihren möglichen Nutzen im Hinblick auf die Verbesserung der Wasserqualität, die Regulierung des Gewässersystems, die Unterstützung von Nahrungsnetzen und den Erhalt bedeutender ökologischer und kultureller Werte. (WRRL-Leitfäden Feuchtgebiete, Refcond)


    Þ Die Renaturierung von Fließgewässern und ihren Auen muss also als integrative Aufgabe der WRRL angesehen werden!

    Die Nutzung der Auen: Probleme und Lösungen

    Nach dem 2. Weltkrieg setzte eine massive und intensive Nutzung der Gewässerauen ein durch die Intensivierung der Landwirtschaft und das Vordringen von Wohngebieten, Industriezonen und Verkehrsinfrastrukturen in diese Bereiche. Die Trockenlegung galt als Aufwertung („Melioration“) wertlosen Landes.

    In vielen Teilen Europas haben Flachland–Überschwemmungsgebiete infolge von Landentwässerungs- und Hochwasserbekämpfungsmaßnahmen, gerichtet auf eine Maximierung der landwirtschaftlichen Produktion und des Schutzes von Mensch und Besitz, tiefgreifende physikalische Veränderungen erfahren. Allerdings ist der Grundsatz der Richtlinie für die Entwicklung typspezifischer Referenzbedingungen für „natürliche“ Gewässer eindeutig: In den Referenzbedingungen für derartige Systeme dürfen sich keine (oder nur sehr geringfügige) anthropogene Auswirkungen auf die biologischen Qualitätskomponenten ausdrücken, wobei ein „guter Zustand“ eine annehmbare, aber leichte Abweichung von diesem Zustand bildet. (WRRL-Leitfaden Feuchtgebiete)

    1. Landwirtschaft

    Oft sind sogar Gewässer, die „natürlich“ aussehen, stark vom Menschen beeinflusst. Die Eingriffe bestehen in der Trockenlegung von Feuchtbereichen, aber auch in Rückständen von Düngemitteln, Pestiziden und Gülle, die aus diesen Bereichen in Oberflächengewässer und Grundwasser gelangen.

    So können die Nährstoffkonzentrationen und Kreisläufe bei Flachlandflüssen innerhalb intakter Flussuferfeuchtgebiete sich erheblich von denen an entwässerte, intensiv bewirtschaftete Böden grenzende Flussläufe unterscheiden. (WRRL-Leitfaden Feuchtgebiete).

    Dieser Tatbestand wurde auch für Luxemburg festgestellt:

    Im Bearbeitungsgebiet Mosel-Saar sind große Teile des Grundwassers durch Stickstoffeinträge sowie durch den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln teilweise stark belastet. Hierbei handelt es sich vor allem um die Anreicherung des Stickstoffs im Boden sowie die Ausbringung von Gülle auf der Fläche auf Grund intensiver Landwirtschaft und damit verbundenen Auswaschungen von Stickstoffdüngern und Pflanzenschutzmittel. (IKSMS Bestandsaufnahme Juni 2005; zuständig für Luxemburg: Ministerium für Inneres und Raumordnung)

    Dabei können gerade Feuchtgebiete einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des chemischen und ökologischen Zustands liefern, indem die Pflanzen Nährstoffe aus dem Fluss binden, die Nährstoffbelastung verringern und so wie eine natürliche Kläranlage wirken. Die Nutzung der Gewässeraue muss in die Bewirtschaftungspläne einbezogen werden. Möglichkeiten die finanziellen Einbußen wettzumachen sind gegeben.

    Um die Stickstoff- und Phosphorströme in einem für die Funktionen typspezifischer Ökosysteme günstigen Umfange wiederherzustellen, wäre eine Möglichkeit, die Bedeutung der Wiederherstellung oder Verbesserung von Feuchtgebieten als Teil von Maßnahmenprogrammen zu berücksichtigen. (WRRL-Leitfaden Feuchtgebiete)

    Þ Die LNVL fordert, dass eine standortgerechte Landwirtschaft in den Talauen sichergestellt werden muss, um den guten chemischen und ökologischen Zustand der Gewässer zu erreichen und zu erhalten.

    2. Siedlung und gewerbliche Nutzung

    Abgesehen von Einleitungen aus Industriebetrieben sind aus der Sicht des Gewässer- und Auenschutzes die Zerstörung von Wasserrückhalteflächen und die Versiegelung zentrale Probleme, die im die Rahmen der neuen Gesetzgebung berücksichtigt werden müssen.

    Durch Aufschüttung und Bebauung von Feuchtgebieten geht Retentionsraum verloren, der flussabwärts zu einer Verschärfung der Hochwassersituation führt. Im Sinne der WRRL-Forderung nach Minderung des Überschwemmungsrisikos müssen deshalb Überschwemmungsflächen von jeglicher Bebauung freigehalten werden. Ist eine Bebauung aus Gründen des Allgemeinwohls unumgänglich, so sind Mindestanforderungen (besondere Bauweisen…) einzuhalten; als Kompensation muss die Schaffung von zusätzlichem Retentionsraum zwingend sein. Diese Grundsätze
    sind gesetzlich zu verankern, ebenso wie die Wiederherstellung zerstörter Auen überall dort, wo eine Nutzung aufgegeben wird.

    Allgemein hat der hohe Versiegelungsgrad im Siedlungsraum Auswirkungen auf die Hochwassersituation: Regenwasser fließt unmittelbar während und nach Regenfällen mitsamt Verunreinigungen (Reifenabrieb usw.) ab und belastet Kanalisationen und Kläranlagen. Ein Regenwassermanagement, mit den Hauptpunkten Entsiegelung von Böden und Versickerungsflächen, entschärft die Situation und schlägt sich gegebenenfalls in einer Verminderung der Kosten nieder.

    Außerdem sind gerade Gewässer im urbanen Bereich besonders stark vom Menschen beeinflusst. Sie sind eingetieft, verlaufen meist geradlinig in einem trapezförmigen Profil; Sohle und Ufer sind oft mit Beton oder Steinsätze verbaut. Solche Gewässer können nach der WRRL als „erheblich veränderte Gewässer“ eingestuft werden, wenn Maßnahmen zum Erreichen eines guten ökologischen Zustands „signifikant negative Auswirkungen“ auf die Nutzung oder die Umwelt hätten, oder wenn „die nutzbringenden Ziele“ (Wasserrückhalt,...) für die das Gewässer verändert wurde, „aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder aufgrund unverhältnismäßig hoher Kosten nicht in sinnvoller Weise durch andere Mittel (also beispielsweise Renaturierung) erreicht werden können, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen“. In diesem Fall ist dann nur das „gute ökologische Potenzial“ anzustreben. (Artikel 4)
    Renaturierungen können wegen ihrer vielen Positiveffekte auch im Siedlungsbereich die „wesentlich bessere Umweltoption“ (WRRL) darstellen gegenüber kanalisierten Gewässern. Durch Mehrfachnutzung (Naherholung...) ergeben sich interessante urbanistische Perspektiven. Diese Aspekte sind in die Kostenberechnung einzubeziehen.
    Die LNVL verlangt die Ausweisung „erheblich veränderter Gewässer“ nur in extremen Fällen und auf dem jeweils kleinstmöglichen Abschnitt.

    3. Verkehr

    Die Zerstörung oder Zerschneidung von Auen durch Verkehrsinfrastrukturen muss der Vergangenheit angehören.

    Þ Die LNVL fordert eine kohärente Umsetzung der WRRL unter Einbeziehung der Auennutzung, die Renaturierung aller Fließgewässer und ihrer Auen im landwirtschaftlichen und städtischen Bereich.

    Flora, Fauna, Naturschutzgebiete

    WRRL: Die Mitgliedsstaaten sorgen dafür, dass ein Verzeichnis … aller Gebiete innerhalb der einzelnen Flussgebietseinheiten erstellt wird, …, für die gemäß den spezifischen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zum Schutz der Oberflächengewässer und des Grundwassers oder zur Erhaltung von unmittelbar vom Wasser abhängigen Lebensräumen und Arten ein besonderer Schutzbedarf festgestellt wurde. (Artikel 6)

    Dazu gehören „Gebiete, die für den Schutz von Lebensräumen oder Arten ausgewiesen wurden, sofern die Erhaltung oder Verbesserung des Wasserzustands ein wichtiger Faktor für diesen Schutz ist, einschließlich der NATURA-2000-Standorte“ (Anhang IV)

    Das in der WRRL geforderte Inventar sollte Luxemburg nutzen um in der Europäischen Union eine Vorreiterrolle im Sinne des Wasserschutzes zu übernehmen. Was dieses Inventar begreifen soll, ist den Mitgliedsstaaten überlassen. Die minimalistische Ausführung wäre eine Beschränkung auf Natura 2000 Gebiete. Doch auch flächenmäßig kleinere Feuchtgebiete (auch diese spielen eine wichtige Rolle) oder Gebiete, die aus diversen Gründen nicht in das Netz Natura 2000 eingebunden wurden sollten unbedingt beachtet werden (z.B. das Alzettetal nördlich der Hauptstadt). Der nationale Kriterienkatalog sollte dabei unter Mitwirken von Naturschutzverbänden ausgearbeitet werden.

    Ein anschließend erstelltes Maßnahmenprogramm sollte den Schutz der Gebiete beinhalten, sowie den somit erreichten Beitrag zur Erhaltung/Verbesserung der Gewässerqualität. Besonders auf die Vernetzung der einzelnen Lebensräume (Biotopverbund – Fliessgewässer sind weit mehr als ein Wasserschlauch) sollte geachtet werden.

    Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP,« Evaluation des incidences... »)

    Auch diese EU-Richtlinie muss bei der Umsetzung der WRRL berücksichtigt werden. Sie ist ein wichtiges Instrument für den Naturschutz, da sie weitreichende Untersuchungen über die Auswirkungen von Maßnahmen auf die natürliche Umwelt fordert, so auch indirekte Auswirkungen auf Schutzgebiete, Flora, Fauna und Landschaft; Feuchtgebiete sind dabei besonders zu beachten.
    Wichtigster Ansatz in den Augen der LNVL ist die Forderung einer Prüfung eventueller Umweltauswirkungen in einem möglichst frühen Stadium und das Untersuchen von Alternativen. Damit sollen Projekte ab Planungsbeginn so orientiert werden, dass negative Auswirkungen vermieden werden, möglichst gering bleiben oder zumindest sinnvoll kompensiert werden können. Hierdurch werden Konfliktsituationen von Anfang an entschärft oder vermieden.

    In Luxemburg wurde die UVP-Direktive wurde im Rahmen der “Etablissements classés“-Gesetzgebung umgesetzt; die hohen Anforderungen der Richtlinie im Bereich Natur und Landschaft, können auf diese Weise nicht erfüllt werden. Dies ist ein weiteres Indiz für den geringen Stellenwert des Naturschutzes in Luxemburg

    Die LNVL fordert für die anstehenden Règlements grand-ducaux (2001/42/CE „plans et programmes“ und 2003/35/CE „projets publics et privés“) die Einbeziehung der Forstverwaltung als „autorité compétente“, um die Umsetzung der Naturschutzziele dieser Direktiven zu gewährleisten.

    Þ Die LNVL sieht in der Wasserrahmenrichtlinie ein zentrales Instrument, um eine naturverträgliche Bodennutzung auf großer Fläche sicherzustellen.
    Wasserpreis und Umweltschutz: ein positiver Ansatz

    WRRL: Die Mitgliedsstaaten berücksichtigen unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Analyse ... und insbesondere unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips den Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen einschließlich Umwelt und Ressourcen bezogener Kosten.
    Die Mitgliedsstaaten sorgen bis zum Jahr 2010 dafür, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen, und somit zu den Umweltzielen dieser Richtlinie beiträgt; dass die verschiedenen Wassernutzungen, die mindestens in die Sektoren Industrie, Haushalte und Landwirtschaft aufzugliedern sind, ... einen angemessenen Beitrag leisten zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen. (Artikel 9)

    In der WRRL werden langjährige Forderungen der Umweltverbände konkret umgesetzt: die Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips und des Verursacherprinzip und das Einbeziehen von Umweltschäden in die Preisgestaltung. Der volkswirtschaftliche Ansatz, der gesamtgesellschaftliche Folgekosten einbezieht („Preiswahrheit“) wie auch der sektorbezogene Ansatz wurden jedoch in Luxemburg bisher nicht thematisiert.

    Die Funktionsverluste der zerstörten Auen sind als Umweltkosten im Wasserpreis zu berücksichtigen und nach der WRRL dem Verursacher anzulasten:
    • erhöhte Belastung der Flüsse und daher Bedarf an zusätzlicher Klärtechnologie,
    • stark verminderte Wasserrückhaltung und daher wirtschaftliche Kosten von Überschwemmungen,
    • Kosten technischer Schutzmaßnahmen (Installation und Wartung) und Verschärfung der Hochwassersituation flussabwärts durch weiteren Verlust von Retentionsraum.

    Dagegen sind die vielen Positiveffekte und der volkswirtschaftliche Gewinn der Neuschaffung und Wiederherstellung von Feuchtgebieten aufzuwiegen:
    • Hochwasserrückhaltung,
    • Rückhalt und Filterfunktion von Nähr- und Schadstoffen (wichtig für die Trink- und Badegewässerqualität),
    • Sedimentrückhalt,
    • Selbstreinigung,
    • Auffüllung der Grundwasserreserven (wichtig für die Trinkwassergewinnung),
    • Erwerbsmöglichkeiten für Land- und Forstwirtschaft,
    • Erhöhung der biologischen Vielfalt,
    • Steigerung der Naturerlebnis- und Naherholungsqualität und somit der touristischen Attraktivität.

    Die Schaffung und Verbesserung von Feuchtgebieten kann unter günstigen Bedingungen nachhaltige, kosteneffektive und sozial annehmbare Mechanismen zum Erreichen der in der WRRL formulierten Umweltziele mit sich bringen. Insbesondere können Feuchtgebiete dazu beitragen, die Folgen von Verschmutzungen zu begrenzen, die Auswirkungen von Dürre- und Hochwasserperioden zu mildern … und die Grundwasseranreicherung zu fördern. (WRRL-Leitfaden Refcond)

    Die positiven Effekte und die Kosteneffizienz solcher Maßnahmen wurden in mehreren großen Pilotprojekten in Europa bewiesen.

    Þ Wasser ist ein wertvolles Gut und sollte als solches behandelt werden.


    Wasserpreis und soziale Verantwortung

    Die WRRL sieht den kostendeckenden Wasserpreis als Anreiz für eine nachhaltige Nutzung. Dieser Aspekt wird in Luxemburg kaum thematisiert, im Zentrum stehen die Bestrebungen, diesen Preis möglichst niedrig zu halten – wobei bisher ausschließlich die Kosten von Wassergewinnung und Abwasserbehandlung (Kläranlagen) berücksichtigt wurden.

    WRRL: Die Mitgliedsstaaten können dabei den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Kostendeckung sowie die geographischen und klimatischen Gegebenheiten der betreffenden Region oder Regionen Rechnung tragen. (Artikel 9)

    Nun ist es sicher auch die Aufgabe des Staates seinen Bürgern die Grundlagen des Lebens zu einem vernünftigen Preis zu gewährleisten. Ein wertvolles Gut wie das Wasser wird allerdings leider auch nur als solches erkannt, wenn der richtige Preis dafür gezahlt werden muss. Hier muss die Politik eine Lösung finden, um den Grundbedarf seiner Bürger zu gewährleisten, jeder Verschwendung jedoch einen Riegel vorzuschieben. Dramatisch wäre es wenn nicht alle Möglichkeiten der WRRL ausgeschöpft werden würden, aus Angst vor einem zu hohen Wasserpreis. Gerade die
    teuren Renaturierungen werden dabei langfristig und damit kostengünstig zum Erhalt unserer aquatischen Ökosysteme beitragen.

    Fließgewässer haben ein großes Einzugsgebiet

    Um eine WRRL-konforme Umsetzung zu erreichen, müssen alle Probleme und Potenzialitäten des gesamten Einzugsgebiets berücksichtigt, alle Instrumente zur Förderung einer nachhaltigen Nutzung eingesetzt und alle kontraproduktiven Programme und Maßnahmen gestoppt werden.

    Beispiel Landwirtschaft:
    Die intensive landwirtschaftliche Nutzung von Auen hat als diffuse Quelle eine Stickstoffbelastung von Wasserkörpern zur Folge. Die Folgekosten müssten (sektorbezogen) vom landwirtschaftlichen Verursacher getragen werden. Dieselben Standorte können jedoch durch Maßnahmen gegen Erosion und Schadstoffeintrag, insbesondere durch extensive Grünlandnutzung, einen wichtigen Beitrag für den guten Zustand unserer Gewässer leisten. Die Förderpolitik im Agrarbereich muss deshalb die Ziele der WRRL unterstützen und dem Landwirt bei der Umorientierung zu einer standortgerechten Bewirtschaftung finanziellen Ausgleich/finanzielle Vorteile garantieren. Gerade Flurneuordnungsprojekte müssten dabei konsequent in diese Richtung vorangetrieben werden.

    Þ Die LNVL fordert das Ausschöpfen aller Potenzialitäten der WRRL für eine ökologische Ausrichtung der Wasserpolitik in Luxemburg.

    Wasserwirtschaftsamt ins Umweltministerium !!!

    Um die WRRL konsequent umzusetzen, ist das Integrieren des Wasserwirtschaftsamtes in das Umweltministerium notwendig.

    Die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Innenministerium (Wasser) und Umweltministerium (Feuchtgebiete) ist unsinnig, kompliziert und daher kostenintensiv
    und entspricht nicht dem Geist der WRRL.

    Als Gründe werden seitens des Innenministeriums genannt:
    • die „Neutralität“ dieses Ministeriums.
    • Þ Kommentar LNVL: Die WRRL verfolgt eindeutig ökologische Ziele und definiert Wasser nicht als „neutrales“ Gut: „Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss. (Erster Erwägungsgrund der Wasserrahmenrichtlinie).
    • die Kompetenz der Gemeinden im Bereich Wasser.
    • Þ Kommentare LNVL: Die WRRL fordert die Überwindung administrativer Grenzen und das Denken (und Handeln!) in Flusseinzugsgebieten.
    • die Zuständigkeit des Innenministeriums für die Landesplanung.
    • Þ Kommentar LNVL: Wie andere wichtige Politikbereiche muss auch der Naturschutz seine eigenen Prinzipien formulieren und einfordern können. Dem Innenministerium fällt die Aufgabe zu, diese in die Landesplanung zu integrieren, so wie dies beispielsweise im Bereich Verkehr geschieht.


    Der Anstoß zum weit überfälligen Handeln zum Wohle unserer Umwelt und zum Schutz unserer eigenen Lebensgrundlagen kommt wie so oft aus Brüssel. Mit erheblicher Verspätung wird diese im wahrsten Sinne des Wortes ökologische Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Die LNVL wird jedenfalls die Überwachung der Umsetzung und die Ausführung dieser europäischen Richtlinie sehr ernst nehmen. Sollte die ökologische Grundhaltung der WRRL in Luxemburg dabei auf der Strecke bleiben, wird es auch Aufgabe der LNVL sein, rechtzeitig bei der Kommission in Brüssel zu intervenieren.

    WRRL Art. 14: Die Mitgliedsstaaten fördern die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Umsetzung dieser Richtlinie, insbesondere an der Aufstellung, Überprüfung und Aktualisierung der Einzugsgebiete