Luxemburger Wort 30.7.2004
Extensive Beweidungsprojekte der Forstverwaltung 
Ausbau der staatlichen Naturschutzabteilung gefordert 
(mil) - Nachdem vergangene Woche "Mouvement écologique" (Méco) und Forstverwaltung Stellung zu dem extensiven Beweidungsprojekt in Frisingen bezogen hatten, waren es gestern Morgen die Vereinigungen Natura und "Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutz" (LNVL), die sich zum selben Thema äußerten. Beide Umweltvereinigungen begrüßen die extensiven Beweidungsprojekte in Frisingen und Mensdorf, fordern jedoch gleichzeitig den Ausbau der staatlichen Naturschutzabteilung, eine Umsetzung des neuen Naturschutzgesetzes und die Koordination der Naturschutzarbeit. 
 

Bekassine (u.) und Braunkehlchen gehören zu den in Europa am stärksten Vogelarten des landwirtschaftlichen Lebensraums
Nach den Stellungnahmen des "Mouvement écologique" und den Verantwortlichen der Forstverwaltung zur extensiven Beweidung durch Rinder haben sich gestern ebenfalls die Vereinigungen Natura und "Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga" zu besagtem Thema zu Wort gemeldet. Beide begrüßen wichtige Projekte der Forstverwaltung, wie sie einerseits in Frisingen bereits angelaufen sind und andererseits ab heute im Syrtal zwischen Mensdorf und Münsbach durchgeführt werden. 

Die Verantwortlichen um Frantz-Charles Muller (Natura) und Tom Conzemius (LNVL) sind sich jedoch einig, dass Naturschutz nicht ausschließlich extensive Beweidung bedeutet, sondern vielmehr muss mit der neuen Regierung das seit vergangenem 1. Januar in Kraft getretene Naturschutzgesetz in die Praxis umgesetzt werden. Des Weiteren wird es nötig sein, die Naturschutzarbeit besser zu koordinieren. Dies könne jedoch nur dann geschehen, wenn man erreiche, dass sämtliche betroffenen Parteien sich um einen Tisch versammelten, um den gemeinsamen Weg im Sinne einer effizienten Naturschutzpolitik zu diskutieren. 

Auch wenn in den vergangenen 20 Jahren viel in puncto Naturschutz geschehen sei, so müsse die neue Regierung sich dennoch in Zukunft den Herausforderungen stellen, die noch nicht im Sinne eines optimalen Naturschutzes und der Landesplanung erfüllt seien. 

Beweidungsprojekte: Chance für den Naturschutz
Patrick Lorgé, Leiter der ornithologischen Abteilung, hob hervor, dass in den vergangenen Jahren durch intensive Nutzung von Grünflächen vielen Pflanzen- und Vogelarten die Überlebensmöglichkeiten genommen worden seien. In dieser Hinsicht gehörten Braunkehlchen und Bekassine zu den in Europa am stärksten gefährdeten Vogelarten des landwirtschaftlichen Lebensraumes. 

"Um dem Aussterben von Fauna und Flora entgegen zu wirken, bietet die extensive Beweidung eine günstige Gelegenheit", so Patrick Lorgé. "Das Wiederherstellen von Feuchtgrünlandbereichen, verbunden mit einer extensiven Nutzung dieser Flächen, wird sich positiv auf Vogelwelt und Biodiversität auswirken", so der Experte weiter. 

Das Einführen von besonderen Schutzprogrammen für bedrohte Arten soll vor allem dem Wachtelkönig (u.) und der Heidelerche zugute kommen
Neben dem Projekt in Frisingen, das bereits seit mehr als einem Jahr erfolgreich durchgeführt werde, begrüßten Natura und LNVL auch das Projekt zum Erhalt der Feuchtwiesen bei Mensdorf. 

In Zukunft sollten durch weitere Projekte - im Alzettetal - deutliche Akzente zum Erhalt und der Wiederherstellung von Feuchtgrünland gesetzt werden. Patrick Lorgé hob des Weiteren hervor, dass jedoch nicht nur Beweidungsprojekte gefördert werden sollten, sondern dass es genau so wichtig sei, sich für den Erhalt von Hecken oder extensiv genutzten Mähwiesen einzusetzen. 

All dies könne nur durch Einbindung der Landwirtschaft vonstatten gehen, womit es in Zukunft zum Dialog zwischen sämtlichen Partnern kommen müsse. 

 
Nicht Naturschutz, sondern Schutz der Kulturlandschaft
Dieser Meinung war ebenfalls LNVL-Präsident Tom Conzemius, der erklärte, dass man nicht allein von Naturschutz, sondern vom Schutz der Kulturlandschaft sprechen müsse. Dabei gelte es nicht nur Pilotprojekte zu starten, sondern auch einen Konsens zwischen sämtlichen, betroffenen Partnern zu finden. 

Aus politischer Sicht gelte es deshalb, dem Naturschutz eine effiziente Verwaltungsstruktur zur Verfügung zu stellen. "Deshalb fordern Natura und LNVL eine personelle Aufstockung der Naturschutzabteilung sowie die Schaffung regionaler Strukturen, einschließlich einer überregionalen Koordination in den Bereichen Forstwirtschaft, staatlicher Naturschutz und kommunale Naturschutzsyndikate. Auch weiterhin werden LNVL und Natura sich für den Erhalt der Biodiversität einsetzen und auch in Zukunft mit der Forstverwaltung und deren Naturschutzabteilung zusammenarbeiten", so Tom Conzemius abschließend. 

Naturschutzgesetz umsetzen, Naturschutzarbeit koordinieren
Laut Frantz-Charles Muller erwarten sich Natura und LNVL sehr viel vom neuen Naturschutzgesetz, das seit vergangenem 1. Januar in Kraft getreten ist. "25 Jahre hat es in Luxemburg gedauert, bis Schutzgebiete, wie sie von der EU-Vogelschutzrichtlinie gefordert werden, ausgewiesen wurden. Nun fordern LNVL und Natura die Umsetzung von Schutzplänen und das Einführen besonderer Schutzprogramme für bedrohte Arten, wie z. B. Wachtelkönig oder Heidelerche, so der Natura-Verantwortliche. 

Damit das Naturschutzgesetz konkret umgesetzt werden kann, benötigt man LNVL und Natura zufolge nicht nur eine Verwaltungsstruktur, sondern auch eine wissenschaftliche Koordination. Beide Vereinigungen fordern deshalb die schnellstmögliche Verabschiedung des neuen Gesetzes zur "promotion du partenariat entre l´Etat et les syndicats des communes ainsi que le renforcement de la démarche scientifique en matière de la protection de la nature". Dieses Gesetz beinhaltet die Schaffung eines "observatoire de l´environnement", das die Koordinierung der im Naturschutz bevorstehenden Arbeiten übernehmen soll, und zwar unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Daten.