Lëtzebuerger Bauer Nr 12,
21.3.2008
Vom Braunkehlchen und
unberechtigter Kritik
Eigentlich hätte an dieser Stelle eine friedliche Ostergeschichte
erscheinen sollen...
Leider hat die Luxemburger Natur- und Vogelschutzliga LNVL mit deren
Präsident Conzemius an der Spitze, bei ihrem letztwöchigen
Kongress einmal mehr die Gelegenheit nicht verpasst, mit falschen und
unberechtigten Vorwürfen an die Landwirtschaft vorzugehen.
Da wird der Landwirtschaft Verarmung der landwirtschaftlich genutzten
Flächen vorgeworfen, ebenso wie großflächige
Zerstörung und Vergiftung der Landschaft. Den Bauern wird
unterstellt, alle Strukturelemente auf ihren Flächen zerstört
zu haben, um dann doch noch die Landschaftspflegeprämie zu
kassieren. Mit starken Worten wird die Felderzusammenlegung in
Landwirtschaft und Weinbau als Landschaftsverschandelung verurteilt.
Auch mit widersprüchlichen Aussagen wird aufgewartet: Der eine
meint, das Grünland müsse besser genutzt werden, um die
Eiweißimporte zu mindern; für den anderen täte der
Landwirt am besten daran, sein Grünland überhaupt nicht mehr
zu bewirtschaften, um nicht die Wiesenvögel zu stören: Der
Bauer soll weder mulchen, noch schleifen, keine Grassilage mehr machen
und möglichst spät, wenn überhaupt noch mähen.
Die Landwirtschaft muss die hier erhobenen Vorwürfe und
unberechtigten Kritiken als unhaltbar zurückweisen: Sie zeugen von
Böswilligkeit, weil sie mit unsachgemäßen
Unterstellungen operieren und die Realitäten sowie die von der
Landwirtschaft unternommenen Anstrengungen in Bezug auf Natur- und
Umweltschutz glattweg ignorieren.
Wie alle anderen Sektoren hat die Landwirtschaft sich im Laufe der Zeit
entwickelt, sowohl in Bezug auf Bewirtschaftungs- als auch
Produktionsmethoden. Gleichzeitig unterliegt sie seit Jahren - und
nicht erst seit gestern – strengen Auflagen in bezug auf Umwelt-,
Qualitäts- und Tierschutznormen.
Mit der Einführung der Landschaftspflegeprämie in 1996 bzw.
den Cross Compliance-Bestimmungen wurden ihr zusätzliche Auflagen
aufgebürdet. Die hiesigen Landwirte haben bereitwillig den Weg
einer extensiven Viehwirtschaft und einer umweltschonenden
Landwirtschaft eingeschlagen. Rund 30% der landwirtschaftlich genutzten
Flächen sind in spezifische Umweltprogramme eingebunden; mehr als
90% der landwirtschaftlich genutzten Flächen unterliegen den
Auflagen in Zusammenhang mit der Landschaftspflegeprämie,
Auflagen, die, entgegen dem was glauben getan wird, sehr viel mehr
umfassen als nur den Erhalt der Strukturelemente.
Darüber schweigt Herr Conzemius sich wissentlich aus, ebenso wie
über die sonstigen Anstrengungen der Landwirtschaft zum Erhalt und
zum Schutz der Umwelt und der Landschaften, denn er weiss, dass damit
seine Kritik unhaltbar wäre. Auch der Rundumschlag, den er
tätigt, indem er die hiesige Fleischproduktion bzw. die
Sojaimporte ins Feld führt, um gegen die Landwirtschaft zu
wettern, dabei auch praktisch die hiesige Landwirtschaft für die
Abholzung in Südamerika und die dortigen sozialen
Ungerechtigkeiten schuldig spricht, tut nichts zur Sache.
Internationale Experten sind sich eins darin, dass die Agrarproduktion
in den kommenden Jahren wesentlich gesteigert werden muss, um die
Nahrungsmittelversorgung weltweit sicherzustellen. In seiner
kürzlich veröffentlichten Stellungnahme zum Thema Erzeugung
und Nutzung der Biomasse in Luxemburg hat der Nachhaltigkeitsrat u.a.
darauf verwiesen, dass der aktuelle Verbrauch an Lebensmitteln und
sonstiger Biomasse etwa das Doppelte der derzeit in Luxemburg
verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche belegt und dass
die Herausforderung für Luxemburg darin besteht, mit der gegebenen
Nutzfläche in Land- und Forstwirtschaft der steigenden Nachfrage
an nachwachsenden Rohstoffen gerecht zu werden.
Die Landwirtschaft, und mit ihr die Politik, stehen in der Pflicht,
diesen Herausforderungen - Sicherstellung der Lebensmittelversorgung
und Beitrag zur Energieversorgung, dies im Rahmen einer nachhaltigen
Entwicklung - gerecht zu werden.
Landwirtschaft und Naturschutz sind eng verbunden und auch vereinbar.
Die Landwirtschaft hatte gehofft, dass es auf Grund rezenter
konstruktiver Gespräche zwischen Landwirtschaft und Akteuren des
Umweltbereiches zu einer Annäherung der Standpunkte kommen
könnte bzw. den Belangen und Erfordernissen der Landwirtschaft
mehr Verständnis entgegengebracht würde.
Eine Landwirtschaft von anno dazumal, so wie sie mancherseits
anscheinend gewünscht wird, wird jedoch weder dem Bedarf an
Nahrungsmitteln noch den Ansprüchen der heutigen Verbraucher
gerecht, dies sowohl in bezug auf die Produktqualität als auch in
bezug auf die Sozialverträglichkeit der damit einhergehenden
Verbraucherpreise.
Zudem haben die in der Landwirtschaft Tätigen einen berechtigten
Anspruch auf angemessenen Arbeits- und Lebensstandard.
Nur wer die Realitäten verkennt, der Landwirtschaft das Recht auf
Fortschritt abspricht bzw. entgegen den Prinzipien der Nachhaltigkeit,
uneingeschränkt das Prinzip der Ökologie aufdrängen
will, wird jeden Einsatz moderner Produktionsmethoden als Natur- und
Umweltverschandelung bzw. -zerstörung bewerten.
Anstatt mit einer globalen, vorausschauenden Sichtweise, geht die LNVL
mit einem eingeschränkten und besonders einseitigen Blickwinkel
vor.
Herr Conzemius mag ironisieren, der Bankplatz bräuchte das
Braunkehlchen nicht. Er sollte jedoch nicht vergessen, dass nicht nur
der Bankplatz, sondern die Gesellschaft insgesamt immer noch und in
vielerlei Hinsicht eine moderne, produktive Landwirtschaft brauchen,
die er und manch anderer verdammen will.