natur&ëmwelt asbl
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 2013/3 S. 8-11

Ein Jahrzehnt Wasserrahmenrichtlinie. Wo steht Luxemburg?


Wasser ist ein lebenswichtiges Element für Menschen, Tiere und Pflanzen. Deshalb ist der Schutz des Grundwassers und der Oberflächengewässer von größter Bedeutung. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde durch die europäische Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahre 2000 sowie durch ihre Übertragung ins nationale Recht gemacht. Diese fordert ein Umdenken beim Umgang mit unseren Gewässern und Feuchtgebieten. natur&ëmwelt sieht die Richtlinie als einen wichtigen Schritt für den Gewässer- und Naturschutz. Leider gibt es aber eine große Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis.

Nur mäßiger Zustand der Gewässer in Luxemburg

Oberflächengewässer
Die Zustandsbewertung der Wasserwirtschaftsverwaltung (im Jahre 2009) zeigt, dass nur 7 % des Oberflächenwasserkörper (OWK) in einem guten Zustand sind. 54 % sind in einem mäßigen, 12 % sogar in einem schlechten Zustand (Gesamtzustand: chemisch und ökologisch).
Punktuelle Belastungen sind noch immer die fehlenden Kläranlagen und jene Kläranlagen, die nicht dem aktuellen „Stand der Technik" entsprechen: Nährstoffeinträge durch die Einleitung von nicht oder ungenügend geklärten Abwässern.
Mehr als 40% der Oberflächengewässer sind mittelstark bis sehr hoch durch diffuse Verunreinigungen belastet: Hohe Nitrat- und Phosphatbelastung, hoher Eintrag von Feinsedimenten. Diese diffusen Belastungen stammen überwiegend aus der intensiven Landnutzung und Viehhaltung etwa aus Düngemitteln aber auch aus Erosion und Abschwemmung von Bodenpartikeln (Phosphat und Pflanzenschutzmitteln).
Obwohl die Our und die Sauer zu den gut eingestuften Gewässern Luxemburgs zählen, sind die Nitratwerte der Our im Jahre 2012 noch immer weit über den Anforderungen sensibler Arten wie zum Beispiel der Flussperlmuschel.
Der hydromorphologische Zustand der Gewässer basiert auf der Durchgängigkeit und der Gewässerentwicklungsfähigkeit (Fähigkeit des Gewässers, sich durch eigendynamische Prozesse zu regenerieren). Landesweit sind 60% in einem guten beziehungsweise sehr guten Zustand, 40% in mäßigem bis schlechtem Zustand.

Störfaktoren entlang der Gewässer
Nur 7 % der Oberflächengewässer sind in einem guten ökologischen Zustand. Pestizide, Düngemittel, Sedimenteinträge und nicht resp. ungenügend geklärte Abwasser sind die Hauptursachen.
Durch Hindernisse und Barrieren sind für viele Fische die Laichplätze nicht oder nur sehr schwierig zu erreichen. Daher sind viele Fisch bestände akut gefährdet.
Wasserschutz fängt auf den ersten Metern an. Viele Quellbereiche, vor allem im Offenland sind stark geschädigt und müssten geschützt werden.
Viele Gewässerabschnitte haben sehr hohe Sedimentfrachten, verursacht durch den direkten Zugang von Weidevieh zum Bach.

Grundgewässer
Alarmierend ist ebenso der schlechte chemische Zustand der Grundwasserkörper „Unterer Lias" (Luxemburger Sandstein) und „Trias" (Buntsandstein und Muschelkalk). Diese sind vor allem durch schwer abbaubare organische Substanzen, Nitrate und Pflanzenschutzmittel belastet.

Fischbestand
Die vielfachen Nutzungsansprüche an das Gewässer stellen für den Lebensraum Wasser und den Fischbestand ein großes Problem dar. Oft erfüllen unsere Gewässer die verschiedenen Lebensbedingungen unserer Fischfauna nicht mehr: gut durchströmtes Kiessubstrat zum Laichen, Stillwasserbereiche mit Wasserpflanzen zur Fortpflanzung, guter Sauerstoffgehalt, Durchgängigkeit der Gewässer, ausreichende Ufervegetation mit standortgerechten Bäumen...
Aufgrund ihrer vielfältigen Lebensansprüche sind Fische gute Bioindikatoren für den Zustand der Gewässer: Sie reagieren auf chemische Belastungen, aber auch auf eine Vielzahl von anderen Faktoren, die ihren Lebensraum beeinflussen (z.B. Verbau, Kanalisation, Aussetzen gebietsfremder Arten).
Die Bestandserhebung von 2005 ergab ein Spektrum von 48 Fischarten. Zusätzlich zu den 33 heimischen Fischarten gab es 15 neu eingebürgerte Arten. Messungen haben in luxemburgischen Gewässern einen erhöhten PCB-Wert (Polychlorierte Biphenyle) festgestellt. Wegen den hohen Belastungen von Fischen mit dioxinähnlichen PCBs wird oft vom Verzehr großer, fettreicher Fische abgeraten.

Probleme bei der Durchführung der Wasserrahmenrichtlinie
Die Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten dazu, bis zum Jahre 2015 einen „guten Zustand" der Gewässer sowie des Grundwassers zu erreichen. In Luxemburg gibt es allerdings einige Probleme bei der Durchführung der Maßnahmen:

Das Erreichen der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 ist problematisch, deshalb muss Luxemburg sowie auch andere europäische Nachbarländer eine Verlängerung der Fristen beantragen. Allerdings scheint das Erreichen der Umweltziele bis 2021 oder sogar bis 2027 mit der heutigen Geschwindigkeit der Umsetzung der Maßnahmen als unwahrscheinlich!


Die Flusspartnerschaften Luxemburgs
Engagement für den Wasserschutz mit natur&ëmwelt:
Gewässerschutz ist ein vielseitiges, komplexes Thema. Somit ist es gerade hier wichtig, die unterschiedlichen Aspekte zu berücksichtigen, indem all diejenigen Akteure eines Einzugsgebietes in die Planung mit eingebunden werden, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf die Wasserqualität und die Biotope haben. Diese Kooperation und die Ausarbeitung eines gemeinsamen Massnahmenkataloges ist das zentrale Ziel der Flusspartnerschaften.
In Luxemburg gibt es mittlerweile fünf solcher Flusspartnerschaften, die spezifisch für ihr jeweiliges Einzugsgebiet die Probleme erfassen und Verbesserungsvorschläge ausarbeiten.
Neben den Aspekten Information und Sensibilisierung werden über die Flusspartnerschaften
im praktischen Gewässerschutz eine Reihe an Massnahmen umgesetzt. naturëmwelt hat den Flussvertrag Our mit aufgebaut, ist momentan als Projektkoordinator des Flussvertrages Syr tätig, und steht als Akteur mit den anderen Flussverträgen in Kontakt.

Feststellungen und Forderungen

François Benoy, Stephan Müllenborn, Martine Peters

Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung der Pressekonferenz vom 24.01.2013 von natur&ëmwelt a.s.b.l. und ihren Partnerorganisationen ALUSEAU (Association Luxembourgeoise des Services d'Eau a.s.b.l.) und FLPS (Fédération Luxembourgeoise des Pêcheurs Sportifs a.s.b.l.).


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