LNVL  -  Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga asbl
Veröffentlicht in Regulus (ISSN 1727-2122) 1955/6 S. 106-114

Das Vogelleben im Schifflinger Brill im Kreislauf des Jahres.


Aus verschiedenen Veröffentlichungen erfuhren die Leser unserer Zeitschrift, dass in den letzten Jahren manche interessante Vogelbeobachtungen im Schifflinger Brill gemacht wurden. Wir wollen nun auch unsere Leser näher mit diesem kleinen Sumpfgebiet vertraut machen, das eigentlich durch die Industrie geschaffen wurde. Um es gleich zu sagen, der Schifflinger Brill ist in Bezug auf das Wasser- und Sumpfvogelleben einzigartig für unser Land. (Vögel die früher nur sehr selten bei uns beobachtet und als Ausnahmeerscheinung betrachtet wurden, kann man dort antreffen).

Der Name "Brill", der für eine sumpfige Niederung oder einen Teich in der Nähe einer Ortschaft angewandt wird, soll nach dem Dafürhalten unserer Sprachwissenschaftler von dem Worte Brühl abgeleitet sein. Der Schifflinger Brill liegt denn auch nahe der Ortschaft Schifflingen, an dem Wege der von der Schifflinger Kirche zum Dumontshof hinführt. Wenn man die Brücke über die Alzette passiert hat, liegt links das Sumpfgelände, das über 500 m lang ist, an der Strasse im unteren Teil 130 m und am oberen Ende gut 200 m Breite aufweist; also etwa 8 ha groß ist. Früher war das ein fruchtbares Wiesengelände und es stehen noch heute an einer Stelle im Kolbenschilf die Eisenpfähle einer Viehpferchenumzäunung. Wie verlautet, versumpfte dieser Wiesengrund als der Eisenbahndamm vom Hochofenwerk Arbed Schifflingen zum Zementwerk und eine niedrige Schlackenhalde daselbst entstanden. Die Abwässer des Zementwerkes, die hineingeleitet wurden, besorgten den Rest. Am oberen Ende ist jedoch noch zur Schifflinger Seite hin eine kleine Fläche guten Wiesenlandes sowie auch auf der Längsseite gegen Norden ein Streifen.

Die Vegetation besteht hauptsächlich aus Kolbenschilf (Typha), das an den mit Wasser überschwemmten Stellen wächst. Dann findet man bestimmte Flächen, die mit Riedgras (Scirpus) bestanden sind oder auch mit Binsen (Juncus); ferner findet man an verschiedenen Stellen das kleine Schilfrohr und an einer Stelle in der Mitte das Große Schilfrohr (Phragmites). Schachtelhalm (Equisetum), Wiesenkönigin (Spirea ulmaria), Wasserschwertlilie (Iris), Geflecktes Knabenkraut (Orchis maculata), Wasserdost (Eupatoria cannabinum) und Weidenröschen (Epilobium) fehlen auch nicht. Bevor im Frühjahr all diese Pflanzen zu sprossen anfangen, liegt der Sumpf noch grau da und nur das Kolbenschilf streckt seine oft von Insekten durchlöcherten, vorjährigen Stengel mit den Kolben hoch. Alles andere Gewächs liegt von den Herbst- und Winterstürmen danieder und man kann dann von der Promenade, die am Bahndamm vorbeigeht, die alten, verrosteten Eisenpfosten der früheren Viehpferche sehen. Zu dieser Zeit hat sich der Zaunkönig den Sumpf als Revier ausgesucht. Er huscht durch das vermoderte Pflanzengewirr und taucht nur von Zeit zu Zeit daraus hervor.


 
Anfang ärz findet sich dann das Schwarzkehlchen auf den angrenzenden Wiesen ein. Eigentlich ist das nicht der ursprüngliche Biotop dieses Vogels, aber drei Paare haben sich doch dieses Terrain "erobert" und brüten auch dort. Um dieselbe Zeit begegnet man auch dem Weidenlaubsänger, der gewöhnlich lautlos oder höchstens lockend im vorjährigen Schilf Nahrung sucht, um gleich wieder weiterzuziehen. Der Raubwürger, der wintersüber kaum beim Sumpf zu sehen war, hat sich wieder die Hecke, die sich zur Nordseite längs des Weges hinzieht. als Standort ausgesucht, lauert gewöhnlich nebenan auf der elektrischen Leitung oder fliegt auch in den Sumpf, um auf einem alten, schiefstehenden Kolbenschilfstengel nach Beute Ausschau zu halten. Der Wiesenpieper, welcher in milden Wintern vereinzelt bei uns bleibt, ist Anfang März auch wieder auf den Wiesen am Brill zu sehen. Etwas später hört man den kurzen, scharfen Ruf der Rohrammer aus dem alten Schilf. Singen tut dieser Vogel noch kaum, bis Mitte März. Die Stockenten besuchen zuweilen die freien Wasserflächen; sind aber erst später ständig anzutreffen und es brüten dann auch bis 7 Paare dort.
Mitte März ertönt wieder der Ruf der Wasserralle, und wenn man Glück hat, kann man diesen Vogel mal an einer ziemlich freien Stelle huschen sehen oder bei geduldigem Anstehen zusehen, wie er beim Rufen jedes Mal den Kopf hebt. Auch ist nun die Zeit der Bekassinen gekommen. Begeht man die Sumpfränder, so geht hier eine und dort eine hoch und manchmal sind es ihrer zwanzig und mehr, die reißenden Fluges vor uns flüchten.
Ende März erscheinen bereits die ersten Viehstelzen, die auch den Sumpf als Schlafstätte aufsuchen. Alsdann erblickt man gewöhnlich die ersten Rauchschwalben, welche die noch spärlich fliegenden Insekten über dem Wasser erhaschen. Auch für diese Vögel ist der alte Schilfbestand ein willkommener Schlafraum.

 
Anfang pril fängt es wieder auf den angrenzenden Wiesen richtig zu grünen an und an einem frühen Morgen sitzen dann wieder die Braunkehlchen auf den dürren hohen Stengeln des Bärenklau. Der Steinschmätzer, der eigentlich nichts im Sumpf zu suchen hat, belebt um dieselbe Zeit den steinigen Bahndamm am oberen Ende des Brill. Zuweilen ist bereits Ende März ein einzelner dort vertreten. Die Knäck- und Krickenten halten sich in beschränkter Zahl an den unteren, tiefsten Wasserstellen auf. Die Knäckente brütete 1953 noch im Brill, dann wurde der Wasserüberlauf an zwei Stellen unten an der Strasse vertieft, der Waserstand fiel dadurch und es war anscheinend nicht mehr günstig genug zum Brüten für diese Art. Aus derselben Ursache blieb auch 1954 der Zwergtaucher als Brutvogel aus. Sein sonderbares «Bibbern» belebte vorher auf so angenehme Weise den Brill. Um 1946 herum, als noch eine grössere freie Wasserfläche den Wiesengrund bedeckte, brütete desweitern noch das Blässhuhn dort.
Mitte April trippelt ein einzelner Wiedehopf längs dem Fussgängerweg, der sich direkt am oberen Ende des Sumpfes zwischen diesem und dem aus Schlacken bestehenden Bahndamm hinzieht. Selten kommt es vor, dass er schon Anfang April dort seiner Nahrung nachgeht. Er brütet jedoch nicht in unmittelbarer Nähe, wohl aber nicht allzu weit davon, denn diesen Einzelgänger kann man noch bis Anfang Mai dort sehen und dann ist er verschwunden bis Ende Juni oder Anfang Juli. Das rauhe Lied der Dorngrasmücke ertönt aus dem alten Pflanzengewirr oder noch eher aus den angrenzenden Hecken. Später findet sie dort, wo so manche Wiesenpflanzen mit dem Klebkraut verschlungen sind, günstige Nistgelegenheit. Um Mitte April stellt sich zuweilen ein Löffelentenpaar ein, das aber nie lange aushält und wenn man besonderes Glück hat, kann man wohl auch das Blaukehlchen bei einem Weidenstrauch begegnen. Auch dieser Vogel macht nur einen kurzen Aufenthalt dort. In der direkten Umgebung des Brills hält sich ebenfalls Mitte April schon der Wendehals auf. Acht bis zehn Tage verweilt er dort u. empfiehlt sich dann.
Ende April erscheinen die ersten Schilfrohrsänger und am Morgen kann man bei schönem Wetter die Männchen bei den Balzflügen sehen, wobei sie von einem Sitzplatz aus (mit Vorliebe einem Weidenstrauch) schräg in die Luft etwa 7 m weit und 3 m hoch fliegen und eifrig singen. Überhaupt geht es um diese Zeit des Morgens in und über dem Sumpf lebhaft her. Nicht selten sieht man dann die Bekassinen die Luft durchschneiden und von Zeit zu Zeit lassen sie sich einige Meter herabfallen, um ihr "Meckern" ertönen zu lassen. Und wenn sie sich zum Boden herablassen, dort wo nur spärlicher Pflanzenwuchs ist, hört man sie "dipedipedipe" rufen. Mit jedem Tag wird die Wasserralle lauter und man hört von ihr nicht nur das gewöhnliche, an Ferkelrufen erinnernde "Kruii", sondern auch serienmäßige, schnelle, wohltönendere Rufe, wie "kök kök kök kök . . . . ". Auch abends ist dieses „Vokalkonzert“ recht lebhaft und wenn man dann ansitzt, vernimmt man ebenfalls das Klirren des Feldschwirls. Dieses anhaltende, an Heuschreckenzirpen erinnernde Tongebilde kann man andernorts schon Mitte April hören. Hier im Brill kommt der Vogel (richtiger gesagt, die 4 singenden Männchen) ziemlich spät an. Zu sehen bekommen wir den Urheber dieses sonderbaren Vogelgesangs nur selten und ältere Leute hören ihn erst dann, wenn sie nur etwa 20 Meter entfernt sind. Der Teichrohrsänger stellt sich in den letzten Tagen des April ein und zuweilen mit ihm der Drosselrohrsänger. Dieser zieht nur durch, während jener in 4 bis 6 Paaren dort brütet.

 
Anfang ai schliesst der Reigen der Ankömmlinge mit dem Sumpfrohrsänger, dem Tüpfelsumpfhuhn und in manchen Jahren dem Wachtelkönig. Diese letzte Art war nämlich die beiden letzten Jahre nicht vertreten, wie sie denn überhaupt sehr selten bei uns geworden ist. Manchmal trifft man auch an den ersten Maitagen einige Zwergschnepfen, die noch weiter zu ziehen scheinen. Raubvögel stellen sich nun auch ab und zu im Brill ein, so der Schwarzmilan, der das Gelände bloss absucht und wieder verschwindet. Ob er nur in der Gegend übersommert oder auch nistet, ist nicht bekannt. Auf einem Weidenbaum, sozusagen mitten im Sumpf, hockt hie und da ein Mäusebussard und verschiedentlich kommt auch eine Rohrweihe zu Besuch oder es streicht mal ein Turmfalke vorbei.

 
Bis Ende uni ist dann das Brutgeschäft in vollem Fluss. Die Stockenten verhalten sich ruhig und nur am Abend fliegen die Erpel hoch, um auf einem Moore oder sonst einem Gewässer in der Umgegend wieder niederzugehen. Von den Bekassinen, die im zeitigen Frühjahr so zahlreich vertreten waren, hört und sieht man nichts mehr. Das Lärmen der Rohrsänger und der monotone Gesang der Rohrammern dominieren um diese Zeit. Die Amsel, dieser anpassungsfähige "Schwarzrock", hat auf einem Weidenstrauch mitten im Sumpf ihr Nest stehen, obwohl dort ihr Brutgeschäft selten erfolgreich verläuft. Ein Vogelpaar, das eigentlich nicht zu unserer ursprünglichen Avifauna gehört, hat sich zwischen dem Sumpf und dem linken Alzetteufer festgesetzt. Es ist ein Fasanenpaar; und würde der Gockel nicht jede Viertelstunde rufen, so wüsste man nicht, dass die Vögel da wären. Zu all diesen Stimmäußerungen gehört noch das kräftige Quarren der Frösche, das selten aussetzt. - Alle Lebensgeister sind von Anfang Mai bis Johannistag in diesem, durch die Industrie entstandenen Sumpfgelände geweckt und man weiß wirklich nicht, an welcher Stelle man beobachten soll, um möglichst viel von diesem mannigfaltigen Leben zu erfassen.

 
Wenn dann der Monat uli mit seinen heissen Tagen beginnt, wird es allmählich ruhiger im Brill. Die Braunkelchen haben zu singen aufgehört und auch das Schwarzkehlchen lässt nur mehr selten seinen Gesang ohne Feuer ertönen. Aber die Rohrsänger und die Rohrammer tun dies noch mit voller Kraft. Die Wasserralle vernimmt man auch noch, aber die Rufreihen, die sie im Frühjahr zum besten gab, bringt sie nicht mehr. Den Feldschwirl hört man ebenfalls noch und zwar am ehesten am Abend. Wenn man dann in der Dämmerung diesem klirrenden Gesang zulauscht, kommen Scharen von Staren angeflogen, die sich im Kolbenschilf niederlassen, um dort zu schlafen. Vor einigen Jahren waren es Tausende dieser Vögel, die Abend für Abend dort einfielen, aber heuer ist es bloß ein kleiner Schwarm; die anderen Artgenossen aus der ganzen Umgebung schlafen lieber in den großen Hecken, die in der Nähe der Schifflinger Schlackenhalde stehen. Über ein halbes Hundert Mauersegler stellen sich Jeden Abend ein und jagen eifrig über dem Schilfwald. Wenn es dunkel wird, ziehen sie ab. Etwas später im Juli erscheinen kleine Trupps von Rauchschwalben und Viehstelzen, denen das Kolbenschilf eine sichere Schlafstätte bietet. Tagsüber stellt sich wieder der einzelne Wiedehopf an den Wegen ein, die am oberen Westende und längs der Nordseite hinführen. Wohl ist es derselbe welcher jedes Frühjahr dort passiert und es ist auch wahrscheinlich, dass er in der Gegend brütet, da er schon so zeitlich wieder erscheint.
Wenn dann im Laufe des Monats Juli die späten Bruten der Rohrsänger und der Rohrammer hochgekommen sind, wird es fast stumm im Sumpf. Kein Vogel braucht mehr sein Revier zu behaupten und dies mithin durch seinen Gesang zu proklamieren. Ab und zu versucht es wohl noch einer dieser Gefiederten damit, aber es sind gewöhnlich nur Gesangfragmente, die ohne Feuer kurz vorgetragen werden. Um diese Zeit kann man (bei wenig Glück u. Geduld) an freien, niedrigen Wasserstellen aus-gewachsene junge Wasserrallen, und auch solche, die noch im schwarzen Dunenkleid sind, beobachten. Sie zeigen noch nicht die Vorsicht der Alten und man kriegt sie daher eher zu Gesicht. Schon mehr Glück gehört dazu das Tüpfelsumpfhuhn zu erblicken, das anscheinend nicht jedes Jahr vertreten ist.

 
Im ugust könnte man fast annehmen, dass außer den Braunkehlchen keine Vögel mehr im Brill seien und doch hört man noch die kurzen Lockrufe der Rohrsänger. Zu sehen bekommt man sie aber selten im Gegensatz zu den Braunkehlchen, die familienweise frei auf den erhöhten Pflanzenstielen sitzen. Nimmt man diese letzteren ins Glas, so erblickt man gewöhnlich erst die kleinen Scharen von Distelfinken, die in ihrem bunten Gefieder trotzdem nicht an den Stauden, auf denen sie Samen ausklauben, auffallen. Erst wenn eine ganze Familie "pikelitt" rufend hochfliegt, sind sie auch ohne Glas wahrzunehmen. An einem frühen Morgen verweilten für kurze Zeit einmal zwei Lachmöwen (eine alte und eine junge) auf den Feldern nebenan. Die Zugunruh hatte diese beiden anscheinend schon früh gepackt. Auf den Sträuchern am Bahndamm ziehen auch bereits kleine Trupps von Fitislaubsängern und einzelne Gartenfliegenschnäpper durch und es streifen einige Weidenmeisen dort herum. In manchen Jahren stellen sich um diese Zeit 30 bis 40 Grauammern am Abend ein, sitzen rufend auf einem Weidenbaum, um in einem gegebenen Moment in dem sumpfigen, mit Binsen bestandenen Teil einer Viehpferche am rechten Ufer der Alzette niederzugehen und dort zur Nachtruhe zu gehen.

 
Im eptember verlassen bereits manche Vögel den Brill, andere ziehen durch und man kann bei jedem Besuch auf das Zusammentreffen mit einer selteneren Vogelart gefasst sein. Einmal kann es der Binsenrohrsänger sein, ein anderes Mal ein Blaukehlchen. Auch die Rohrweihe kann man noch zu dieser Zeit zuweilen sehen. Gegen Ende des Monats September verschwinden die Rohrsänger und es ist schwer zu sagen, wann sie eigentlich genau abzogen. Die Bekassinen zeigen sich wieder und es ist geradezu auffällig wie zahlreich die Viehstelzen den ganzen Monat über an den Abenden im Brill zusammenströmen, um im Kolbenschilf zu übernachten. Lange hält es sie aber auch nicht mehr und es werden ihrer fortan immer weniger. Bis Ende September haben auch die Braunkehlchen das Feld geräumt, und den Feldschwirl begegnet man auch nicht mehr.

 
Im ktober sieht es trostlos im Brill aus. Außer den Stockenten, Teichhühnern und einzelnen Rohrammern sowie Schwarzkehlchen ist kaum etwas zu beobachten. Wohl ist die Wasserralle auch noch da, aber man hört und sieht sie kaum. Die Bekassine gewahrt man nur an den Abenden, wenn etliche hochgehen. Die im Sommer mannshoch gewachsenen Sumpfpflanzen liegen fast überall danieder und verfärben sich.

 
Im ovember scheint es als käme noch einmal frisches Leben in den Sumpf. Tatsächlich nehmen einige wetterfeste Vogelarten an Zahl zu. Es sind die nordischen Durchzügler, die den Bestand erhöhen. Bei milder Witterung nimmt bis Ende Dezember die Zahl der Bekassinen zu, sodass zuweilen über ein halbes Hundert dort verweilen. In ihrer Gesellschaft finden sich mitunter einige Zwergschnepfen. Auch die Entenvögel sind wieder besser vertreten. Die Stockenten sind zahlreicher und es verweilen mal einige Knäckenten auf dem hohen Wasser zwischen dem Kolbenschilf. Regelmäßig kommen letztere jedoch um diese Zeit nicht hin.

 
Wenn es dann soweit kommt, dass Ende ezember oder manchmal noch früher eine Eisschicht den Sumpf überzieht, dann ist es vorbei mit allem Vogelleben. Überhaupt ist der Brill zur Winterzeit nicht so sehr von den Wasservögeln besucht als unsere Flussläufe oder der überschwemmte Röserbann. Die meiste Zeit über liegt das Gelände verlassen da, als bedürfte es der Ruhe, um wieder im Frühjahr zu neuem Leben zu erwecken.

 
Um nun eine Übersicht über die Vogelwelt des Schifflinger Brills zu erhalten, seien hier diejenigen Arten welche dort brüten und durchziehen aufgezählt:

Bluthänfling (Carduelis cannabina) : Brütet zuweilen in umgeknicktem Kolbenschilf.
Rohrammer (Emberiza schoeniclus) : 10 bis 12 Brutpaare.
Wiesenpieper (Anthus pratensis) : Ca. 4 Brutpaare.
Viehstelze (Motacilla flava) : 4 bis 5 Brutpaare.
Weidenmeise (Parus atricapillus) : Streift von Ende Juli bis Ende Oktober in den Hecken und Weidenbüschen herum. Dasselbe trifft auf Kohl- und Blaumeise zu.
Raubwürger (Lanius excubitor) : Lauert zuweilen auf den alten Stengeln des Kolbenschilfs nach Beute.
Rotkopfwürger (Lanius senator) : Einmal 1 Expl. auf den Stauden im angrenzenden Wiesengelände Beute machend.(9.7.1953).
Weidenlaubsänger (Phylloscopus collybita) : Im Frühjahr auf dem Durchzug für kurze Zeit nahrungssuchend im Schilf.
Fitislaubsänger (Phylloscopus trochilus) : Auffälliger Durchzügler im August auf Weidenbüschen in der Randzone.
Heuschreckensänger (Locustella naevia) : Gewöhnlich 4 singende Männchen von Ende April bis Ende Juli.
Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus) : Einzelne oder einige Durchzügler vom 29. April bis 18. Mai.
Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus) : 4 bis 5 Brutpaare.
Sumpfrohrsänger (Acrocephalus palustris) : 6 bis 10 Brutpaare.
Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus) : 8 bis 10 Brutpaare.
Binsenrohrsänger (Acrocephalus paludicola) : Durchzügler von Mitte August bis Ende (25.) September.
Dorngrasmücke (Sylvia communis) : Brütet in 6 bis 7 Paaren in der Randzone.
Amsel (Turdus merula) : Brütet zuweilen auf Weidenbüschen im Sumpf.
Braunkehlchen (Saxicola rubetra) : 4 bis 5 Brutpaare.
Schwarzkehlchen (Saxicola torquata) : 2 bis 3 Brutpaare.
Blaukehlchen (Luscinia svecica cyanecula, Wolf) : Diese weißsternige Form zieht im Frühjahr und Herbst durch (1954 am 13.4. ein Paar und am 16.9. ein Männchen).
Rohrweihe (Circus aeruginosus) : Wahrscheinlich nur übersommernd.
Schwarzmilan (Milvus migrans) : Erscheint nur auf seinen Streifzügen sommersüber vereinzelt.
Stockente (Anas platyrhyncha) : Ca. 7 Brutpaare.
Krickente (Anas crecca) : Erscheint von Mitte April bis Anfang Mai sowie Anfang Oktober in wenigen Paaren.
Knäckente (Anas querquedula) : Brütete bis 1953 in 2 Paaren; danach nur mehr zur Zugzeit anzutreffen.
Löffelente (Spatula clypeata) : 1 Paar am 13. April 1954.
Zwergtaucher (Podiceps ruficollis) : Brutvogel bis 1953, danach nicht mehr gesichtet.
Bekassine (Capella gallinago) : Im Frühjahr und November-Dezember zahlreich. 1954 Brutnachweis durch A. Schlesser.
Zwergschnepfe (Lymnocryptes minimus) : Anfang Mai u. Ende Dezember je 8 und 2 Expl. beobachtet.
Lachmöwe (Larus ridibundus) : Am 17. August 1 ad. und 1 juv. am frühen Morgen auf gepflügtem Acker nebenan.
Wasserralle (Rallus aquaticus) : Ca. 5 Brutpaare.
Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana) : Einmal sommersüber beobachtet. Nicht regelmäßiger Sommervogel.
Teichhuhn (Gallinula chloropus): 3 bis 4 Brutpaare.
Blässhuhn (Fulica atra) : Brütete um 1946 im Brill.
Fasan (Phasianus colchicus) : 1 Brutpaar in Randzone.

Dann seien noch folgende Arten erwähnt, die in unmittelbarer Nähe des Brill angetroffen werden können. Es sind dies : der Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe), der in dem aus Schlacken bestehenden Bahndamm brütet; die Braunelle (Prunella modularis), die sommersüber in der Hecke nebenan anzutreffen ist; der Zaunkönig (Troglodytes troglodytes), welcher sowohl in der Nachbarschaft als auch im Sumpf selbst vorkommt; der Wiedehopf (Upupa epops), der gewöhnlich einzeln von Mitte April bis Anfang Mai und von Ende Juni bis Anfang Juli an dem Fußgängerweg längs des Bahndammes erscheint ; der Wendehals (Jynx torquilla), den man im Frühjahr in der Hecke nebenan und am Bahndamm trifft und schliesslich Mäusebussard (Buteo buteo) und Turmfalke (Falco tinnunculus), die gelegentlich das Sumpfgelände absuchen. Als Schlafstätte wird der Brill noch vom Star (Sturnus vulgaris) und der Rauchschwalbe (Hirundo rustica) aufgesucht.

Marcel Hulten

N. B. Dieser Aufsatz und die Übersicht der im Schifflinger Brill vorkommenden Vogelarten war nur durch die Mitarbeit verschiedener Vogelfreunde möglich.


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