DAS HASELHUHN BONASA BONASIA IM ÖSLING
Robert Schmidt & Jean-Claude Heidt
ZUSAMMENFASSUNG: Eine Bestandsaufnahme des Haselhuhns im Ösling (Luxemburger Ardennen) in den Jahren 1990 - 1994 ergab eine Bestandsdichte von 1,2 - 1,4 Paaren/km2. Die Methodik, insbesondere die Spurensuche, wird dargelegt. Ein langfristiges Überleben dieser Population ist nur durch den Erhalt von großen Wäldern mit gut entwickeltem Unterholz zu erreichen (auf einer Fläche von mindestens 25.000 ha). Weitere Untersuchungen im Gutland Luxemburgs sind notwendig, um eventuell unbekannte Vorkommen zu entdecken und zu schützen.
RÉSUMÉ: La
gélinotte des bois Bonasa bonasia dans l'Ösling
L'inventaire de la population de la gélinotte
des bois dans l'Ösling (ardennes luxembourgeoises) de 1990 à
1994 a révélé une densité de 1,2 à 1,4
couples au km?. La méthode de recensement est expliquée.La
survie de cette population nécessite la sauvegarde de grandes forêts
à sous-bois bien développé (surface minimale de 25.000
ha). Des recherches systématiques de l‘espèce dans le Gutland
s'avèrent nécessaire pour découvrir et protéger
d'éventuelles populations inconnues.
SUMMARY: The Hazel Grouse Bonasa bonasia in
the Ösling
An inventory (1990 to 1994) of the hazel grouse
in the northern part of Luxembourg (Ardennes) revealed a population density
of 1,2 to 1,4 pairs/ km?. The method is explained. This population will
only survive if large forests with good developped undergrowth are maintained
(at least an area of 25.000 ha). A survey of the Gutland (southern part
of Luxembourg) is needed to find and protect unknown populations.
1. EINLEITUNG
Der vorliegende Beitrag verdankt seine Entstehung dem Seminar “Die Lohhecken
des Öslings und das Haselhuhn”, welches am 21. und 22. Juni 1990 im
Schloss von Clervaux stattfand. Die Organisatoren dieser Veranstaltung
waren Stiftung “Hëllef fir d'Natur”, “Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga”,
Musée National d'Histoire Naturelle und Association des Universitaires
au Service de l'Administration des Eaux et Forêts.
Wir haben die Aufgabe einer Haselhuhnerfassung im Ösling
gerne übernommen. Dabei konnten wir auf vorliegende Nachweise von
W. Kemkes, M. Lieser und eigene Nachweise auf dem östlichen und westlichen
Our-Ufer zurückgreifen.
Ohne die Unterstützung zahlreicher Damen und Herren wäre
es nicht möglich gewesen diese Untersuchungen in einer relativ kurzen
Zeit zu erstellen. Der besondere Dank gilt daher: G. BECHET, M. & U.
BRAUN, F. ERASMY, P. KREMER, M. MOES, JM. SCHMITZ, JP. SCHMITZ, S. SCHMIDT-FASEL,
H. STURM sowie den Damen des Büros der LNVL. R. Schmidt ist besonders
seiner Frau zu grossem Dank verpflichtet, die ihn bei den meisten Begehungen
bei guten wie auch schlechtem Wetter mit viel Sach- und Fachverstand begleitet
und unterstützt hat. Den Herren F. THILL und A. JOHNSTON danken wir
für die Bekanntgabe ihrer Haselhuhnnachweise.
2. MATERIEL UND METHODE
Zu den spärlichen Informationen über Haselhuhnvorkommen in
Grossherzogtum Luxemburg (Atlas der Brutvögel, Artenschutzprojekt
Haselhuhn in Rheinland-Pfalz) kamen zu Beginn unserer Untersuchungen weitere
Nachweise durch F. Thill, A. Johnston u.a. hinzu. Die nicht vorhandene
Biotopkartierung erschwerte die Erbringung von Nachweisen sehr. Die bekannten
Nachweise wurden aktualisiert und aus der Kenntnis aus Untersuchungen (z.B.
in Hessen und Rheinland-Pfalz), dass isoliert lebende Kleinstvorkommen
sehr schnell erlöschen, wurde im Bereich der aktuellen Nachweise nach
Anschlusslebensräumen gesucht. Dabei mussten mehrfach gleiche Bereiche
begangen werden.
Wie schwer es ist Haselhühner zu beobachten beschreibt W.
Scherzinger (1976) folgendermassen: “Das Haselhuhn versteht es nicht nur
unhörbar über dürres Buchenlaub zu laufen, sondern sich
auch dank seines fleckig rindenfarbenen Gefieders unsichtbar zu machen.
Es achtet dauernd aufmerksam auf Geräusche, um nicht von Bodenfeinden
überrascht zu werden, und unterbricht jede Handlung in kurzen Abständen
zur sichernden Ausschau nach Luftfeinden. Seine vorsichtige Lebensweise
macht es nicht nur dem Jäger oder dem Beobachter schwer, sondern ist
wohl auch die Ursache, dass viele Revierinhaber keine Ahnung von der Existenz
dieses Huhnes in ihrem Bezirk haben.”
Zur Ermittlung der Haselhuhnvorkommen wurden direkte und indirekte
Nachweise genutzt, wobei wegen der Scheu des Vogels die Zahl der indirekten
Nachweise (Losung, Federnfunde in Huderpfannen und Trittsiegel), die der
direkten (akustiche Wahrnehmung und Sichtbeobachtung) weit überwiegt.
2.1. Nachweismethoden
a. direkte - Sichtbeobachtung
- akustische Wahrnehmung (Lockpfeife)
b. indirekte - Schlafbaumkartierung (November bis März)
- Huderpfannen (Sommermonate)
- Losung (Walzen-, Blinddarm- und Brutlosung)
- Trittsiegel in Schlamm und Schnee
- Schneehöhlen (ab 40 cm Schnee)
- Rupfungen
- zufällige Funde von Gelegen und Eierschalen
(keine gezielten Nachforschungen während der Brutzeit)
3. DIE GROßLEBENSRÄUME DES HASELHUHNES IM UNTERSUCHUNGSGEBIET
Da keine Biotopkartierung für das Untersuchungsgebiet Ösling
vorlag, wird auf die Hauberge im Rheinischen Schiefergebirge (Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz und Hessen) zurückgegriffen, wo folgende Lebensräume
besiedelt werden:
1. Eichen-Hainbuchenhauberg
2. Eichen-Birkenhauberg
3. Haselhauberg
4.Traubeneichenwälder auf sonnenexponierten devonischen
Tonschiefer-Hängen Traubeneichen- Hainbuchenwälder an feuchten
Stellen.
5. Verwilderungsgebüsch an Tagebauen (Erz-, Basalt-, Ton-
und Kaolinabbau)
6. Sukzessionsflächen im Bereich ehemaliger Erzgruben bzw.
deren Röstanlagen
7. Katastrophenflächen (Schnee- oder Windbruch) im Bereich
von Altholzbeständen
8. stufig aufgebaute Mischwaldbestände
Diese Lebensräume kommen grösstenteils auch im Untersuchungsgebiet
vor (siehe 4.3.), obwohl im Ösling nur devonische Verwitterungsböden
vorherrschen. Verwilderungsgebüsch und Sukzessionsflächen trifft
man daher nur kleinflächig auf ehemaligen Schiefer-Abbaugebieten an.
Zum Lebensraum des Haselhuhnes gelten nach unserer Meinung für
die Lohhecken des Öslings die gleichen Kriterien wie für die
Hauberge im Westerwald:
- jung (etwa 0-7 Jahre nach dem Hieb): wird noch nicht vom Haselhuhn
besiedelt.
- mittel (etwa 7-18 Jahre nach dem Hieb): stellt für das
Haselhuhn den Optimalbiotop (bezogen auf Niederwälder) dar.
- schlagreif (etwa 18-25 Jahre nach dem Hieb): entspricht nur
noch eingeschränkt den Ansprüchen des Haselhuhns, da Äsung
und Deckung wegen des Aufwachsens zurück gehen.
- überschlagreif (25 Jahre und länger nach dem Hieb):
die Flächen sind in der Regel bereits durchforstet bzw. in Überführung
und werden nur noch selten vom Haselhuhn besiedelt.
Um das Haselhuhn langfristig zu erhalten sind grosse, zusammenhängende,
strukturreiche und ruhige Waldgebiete erforderlich. Eine überlebensfähige
Population braucht nach heutigem Kenntnisstand eine Lebensraumgrösse
von mindestens 25 000 ha. Um die Haselhuhn-Population in der Ardennen-Eifel-Gegend
zu erhalten, haben Naturschutzvereinigungen aus Deutschland, Belgien und
Luxemburg im Jahre 1990 ein grenzüberschreitendes Haselhuhn-Schutzprogramm
erstellt
3.1. Arten- Arealbeziehung
Die Beobachtung der Bestands-Entwicklung im Rheinischen Schiefergebirge
brachte uns schnell die Erkenntnis, dass isolierte Kleinstvorkommen in
der Regel erloschen, wenn die Haselhuhnlebensräume isolierenden Altersklassenbestände
(in der Regel Fichte) älter als etwa 40 Jahre wurden. Mangelnder Gen-Austausch
und intraspezifische Konkurrenz sind möglicherweise die Ursache.
Wir konnten in dem Beobachtungszeitraum von etwa 2 Jahrzehnten einen
Artverlust von mehr als 70% auf einer Untersuchungsfläche von 2500
ha in Hessen feststellen. Dies, obwohl die Umtriebszeit in den Haubergen
wie schon immer üblich, bei etwa 20 Jahren liegt und somit ein optimales
Grenzlinienquantum gewährleistet ist.
In diesem Zusammenhang wird auf die Untersuchungen von Reichholf
der Arten- Arealbeziehung verwiesen. Nach Reichholf (1987) ist der Artenverlust
bei Verminderung der Biotopflächengrösse um so rapider, je stärker
isoliert die Fläche von Lebensräumen ähnlicher oder gleicher
Art ist. Je nach Art des Lebensraumes, ob Wald, Hochmoor oder Gewässer,
gibt es also in einem Bereich zwischen 80 ha und 10 km2 eine kritische
Grössengrenze, bei der ein starker Artverlust auch dann eintritt,
wenn die Fläche wirkungsvoll geschützt ist (Zitatende).
Diese Aussagen wurden nach Untersuchungen mit Wasservögeln,
einer gut flugfähigen Vogelgruppe, gemacht. Für diese Vögel
gilt ein Aktionsradius bis zu 100 km. Wesentlich kritischer müssen
Verinselungseffekte bei einer Art wie dem Haselhuhn bewertet werden, wo
die Einnischung auf Grund der spezifischen Anpassung relativ eng, die Biotopansprüche
starr sind und der Aktionsradius nur wenige km beträgt (Scherzinger,
1976).
3.2. Reviergrösse
Bei der Ermittlung der Reviergrössen im Dreiländereck Hessen,
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz an den Aktivitäten des Haselhahnes
kann man annährend von einem Aktionskreisdurchmesser von 600 Meter
ausgehen (Schmidt 1988-89, unveröffentlicht.). Dies ergibt eine rechnerische
Reviergrösse auf Basaltverwitterungsböden von ca. 28 ha. Hingegen
wird die Reviergrösse auf devonischem Untergrund bei einem Aktionskreisdurchmesser
von ca. 1000 Meter mit ca. 78 ha rechnerisch ermittelt.
Bei einer grossräumigen Siedlungsdichte-Untersuchung im
Dreiländereck (Schmidt 1988-89, unveröffentlicht.) ergab sich
für
Basaltverwitterungsböden 4 Paare/km2 Reviergrösse: 25 ha
Devon 1,4 Paare /km2 Reviergrösse: 71,4 ha
Nach unserem Kenntnisstand dürfte im Grossherzogtum die Siedlungsdichte
etwa 1,2 - 1,4 Paare/km2 betragen.
4. KURZBESCHREIBUNG DES UNTERSUCHUNGSGEBIETES
4.1. Klima
Im Ösling ist das Klima rauher als im Gutland. Die mittleren Jahrestemperaturen
liegen nur bei 7-8,5o C, was die hohe Anzahl der Frosttage (über
100) sowie die im Winter länger anhaltende Schneedecke erklärt.
Nur der Kiischpelt sowie das südliche Ourtal haben ein milderes Klima:
die Durchschnitts-Jahrestemperaturen betragen hier 8,5-9o C.
Typisch für das Ösling sind auch die hohen Niederschläge:
850 bis über 1000 mm pro Jahr, davon entfallen etwa 400 mm auf den
Sommer. So fielen im Jahre 1995 beispielsweise westlich vom Stausee etwa
1150 mm Niederschläge.
4.2. Geologie
Das Ösling besteht aus den gefalteten Schichten des Unterdevons
(Emsien und Siegenien). Im Nordwesten und im südlichen Drittel des
Öslings steht das Siegenien an. Dazwischen liegen die Gesteine des
Emsien. Die Grenze zwischen beiden Schichten ist im Gelände schwer
festzustellen.
Die ältesten Gesteine (Unteres und Mittleres Siegenien)
kommen nur im äussersten Nordwesten des Öslings an der belgischen
Grenze vor. Es handelt sich vor allem um Quarzophylladen, quarzigen Sandstein
und sandige kompakte Schiefer.
Das Obere Siegenien umfasst hauptsächlich Grobschiefer mit seltenen
Bänken von tonigem Sandstein. In der Gegend von Martelingen herrschen
leicht spaltbare Tonschiefer vor, die als Dachschiefer abgebaut wurden.
Das Untere Emsien setzt sich aus 2 getrennten Abteilungen zusammen:
die Schiefer von Stolzemburg (Schiefer mit guter Schichtung, Quarzophylladen
und seltenen Bänken von Quarzsandstein) sowie die Quarzophylladen
von Schuttburg, welche noch Quarzsandstein enthalten.
Das Mittlere Emsien umfasst die Bunten Schiefer von Clerf, welche
aus grünlichgrauen, grauen oder weinroten Schiefern sowie aus Sandstein
bestehen.
Die jüngsten Gesteine des Öslings (Oberes Emsien) stehen
in der Wiltzer Mulde an und umfassen 2 Schichten: Quarzit von Berlé
und die fossilreichen Schiefer von Wiltz (fossilreicher, dunkelgrauer Schiefer
mit tonigen Knollen).
Während einer Hebung des Öslings im Tertiär haben
sich die Bäche Sauer, Our, Wiltz sowie ihre Nebenbäche in das
Gestein eingefressen und enge, tiefe Täler gebildet. Die Steilhänge
sind von Wald bedeckt, während auf den Hochplateaus Landwirtschaft
betrieben wird.
Die Gesteine des Öslings verwittern zu nährstoffarmen
steinigen bis lehmigen Braunerden. In diesen Böden fehlt es vor allem
an Phosphor und Kalk. Erst nach der Einführung der Thomas-Schlacke
wurde daher der Ackerbau im Ösling möglich.
4.3. Waldgesellschaften
Der submontane Buchenwald bedeckte ursprünglich die grösste
Fläche auf den Schiefergesteinen des Öslings. Vorherrschend ist
der Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum), der die nährstoffarmen
Standorte besiedelt. Typisch für diese Pflanzengesellschaft sind die
Säurezeiger Hainsimse (Luzula luzuloides), Wald-Rispengras (Poa chaixii)
und Quirlblättrige Weisswurz (Polygonatum verticillatum). Auf nährstoffreichen
Standorten (besonders in den unteren Hangpartien) geht der Hainsimsen-Buchenwald
in den Perlgras- Waldmeister-Buchenwald (Melico-Fagetum)
über. Diese im Ösling eher seltene Waldgesellschaft wird durch
Perlgras (Melica uniflora) und Waldmeister (Asperula odorata) charakterisiert.
An steilen Nordhängen tritt der Waldschwingel-Buchenwald
(Festuco-Fagetum) auf, der durch den Waldschwingel (Festuca altissima)
gekennzeichnet ist. In den Buchenwäldern des Öslings ist neben
der Buche stets auch die Traubeneiche (Quercus petraea) gut vertreten.
In den Tallagen des Öslings (unterhalb von 450 m) stockt
der Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald (Stellario-Carpinetum).
Vor allem säureliebende Pflanzen treten in der Krautschicht auf, wie
z.B. Sternmiere (Stellaria holostea), Berg-Platterbse (Lathyrus montanus),
Salbeiblättriger Gamander (Teucrium scorodonia) und Wald-Rispengras.
Der wärmeliebende Eichen-Hainbuchenwald auf Schiefer
(Sileno-Quercetum petraea) ist eine typische Waldgesellschaft der steilen
Südhänge in den Ardennen. An diesen Standorten konnte sich nur
eine sehr dünne Bodenschicht bilden. Neben der vorherrschenden Traubeneiche
kommen noch Mehlbeere (Sorbus aria), Haselnuss (Coryllus avellana) sowie
stellenweise die im Ösling seltene Elsbeere (Sorbus torminalis) vor.
Wegen der extremen Standortverhältnisse (u.a. Wassermangel in der
dünnen Bodenschicht) erreichen die Bäume nur geringe Wuchshöhen:
etwa 10-15 Meter. Auf Felsvorsprüngen treten Silikatrasen mit Schaf-Schwingel
(Festuca heteropachys) kleinflächig im wärmeliebenden Eichen-Hainbuchenwald
auf.
An Schluchten sowie an Steilhängen von tief eingeschnittenen
Tälern stocken Schluchtwälder (Ulmo-Aceretum).
In den Ardennen herrscht der Berg-Ahorn (Acer pseudo-platanus) in diesem
Waldtyp vor. Daneben kommen noch Rotbuche (Fagus sylvatica), Esche (Fraxinus
excelsior) und gelegentlich Berg-Ulme (Ulmus glabra) vor. Die Krautschicht
ist durch zahlreiche Farne und feuchtigkeitsliebende Pflanzen gekennzeichnet.
Die natürlichen Waldgesellschaften des Öslings wurden
bereits im letzten Jahrhundert grösstenteils durch Lohhecken (=Eichen-Niederwald)
ersetzt. Anstatt der im Ösling typischen Traubeneiche wurde vorwiegend
die Stieleiche (Quercus robur) angepflanzt. Die Lohhecken wurden alle 20-30
Jahre auf den Stock gesetzt und lieferten ihren Besitzern Brennholz, Zaunpfähle
sowie Eichenrinde, welche zum Gerben des Leders benutzt wird. Doch nach
dem 2. Weltkrieg wurde die Nutzung der Lohhecken grösstenteils eingestellt,
da die Eichenrinde durch billigere chemische Gerbstoffe ersetzt wurde.
In diesem Jahrhundert wurden zahlreiche Lohhecken durch Nadelholzanpflanzungen
mit Fichte (Picea abies) und Douglasie (Pseudotsuga menziesii) ersetzt.
Zur Zeit bedecken Buchenwälder nur noch 15%, Lohhecken etwa
35 % und Nadelwälder 50 % der Waldfläche des Öslings (Adm.
des Eaux et Forêts, 1995). Bei den Lohhecken herrschen überalterte
Bestände vor. Nur noch stellenweise (u.a. im Kiischpelt) wird die
traditionelle Nutzung der Lohhecken fortgeführt. Aus dieser Gegend
liegen daher auch noch zahlreiche Haselhuhn-Nachweise vor.
5. HASELHUHN-ERFASSUNG
Das Fehlen einer Biotop-Kartierung des Haselhuhns erschwerte die Erfassung
sehr. Zunächst wurden die bekannten Nachweise aktualisiert. Dabei
wurde die Reviergrösse nach den Revierflügen des Haselhahnes
bestimmt. Dies erfolgte an mehreren Tagen. Danach wurde ein Quadrant eines
Messtischblattes mehrfach begangen und nach weiteren geeigneten Lebensräumen
der Art gesucht. Dies war unverzichtbar, um Kenntnis über evtl. isolierte
Kleinstvorkommen zu erhalten. Deshalb wurden auch mehrfach gleiche Bereiche
an verschiedenen Tagen begangen. Alle Nachweise wurden registriert und
in eine Karte eingetragen. Zeitweise wurde R. Schmidt durch folgende 4
Personen unterstützt: M. & U. Braun, S. Schmidt-Fasel und H. Sturm.
Unter keinen Umständen dürfen jedoch die Nachweise
in der Karte 1 hochgerechnet werden. Sie sind lediglich ein Mass für
die mehr oder weniger starke Intensität der Begehung. Die von
uns erbrachten Nachweise stammen von Ende 1990 bis Anfang 1994.
Die Lohhecken bieten in weiten Bereichen nur noch bedingt dem Haselhuhn
Lebensraum. Sie sind grösstenteils überaltert, da sie kaum noch
genutzt werden. Dies ist insoweit verständlich, wenn man bedenkt,
dass es in der Regel Privatwälder mit geringen Grundstücksgrössen
sind. Anders sieht es in weiten Bereichen des Rheinischen Schiefergebirges
aus, wo die Hauberge (= Lohhecken) im Besitz von Genossenschaften sind.
Karte 1: Anzahl der Haselhuhn-Nachweise pro Quadrat (1990-1994)
Karte 2: Haselhuhn-Nachweise
Viereck = R.Schmidt (1990-1994)
Dreieck = Atlas der Brutvögel + AG Feldornithologie
Nach unserem Kenntnisstand dürfte sich der Schwerpunkt der Haselhuhn-Population
nördlich der Sauer auf den Raum Lellingen-Kautenbach-Goebelsmühle
erstrecken. Haselhuhn-Nachweise an der Our und ihrer Seitentäler können
als ein Spiegelbild der Vorkommen auf der deutschen Seite gesehen werden.
Die deutschen Vorkommen werden seit etwa 10 Jahren laufend überprüft.
Die Siedlungsdichte im Ösling dürfte nach unserem Kenntnisstand
etwa 1,2- 1,4 Paare/km2 betragen.
5.1. Angaben zur Haselhuhn- Population im Grossherzogtum
Unsere Studie beschränkte sich nur auf die Haselhuhn- vorkommen
im Ösling (Kantone Wiltz, Clerf und Vianden). Die Erfassung sollte
aber unbedingt noch auf die Bereiche südlich der Sauer (Kantone Redingen
und Diekirch) ausgedehnt werden (siehe Karte 2).
Zusätzlich könnten Untersuchungen im Raum Mamer- Hobscheid
(siehe Atlas der Brutvögel) Aufschluss über lokale Vorkommen
und eine mögliche Verbindung zu den Haselhuhn- Vorkommen in Belgien
in der Gegend um Arlon geben.
In den letzten Jahren wurden auch Haselhuhn-Nachweise ausserhalb
dieser Gebiete erbracht (u.a. bei Cruchten und beim Flughafen). In diesen
Gegenden könnte ebenfalls nach Haselhuhn- Vorkommen gesucht werden.
6. SCHUTZMAßNAHMEN
Die landesweite Erfassung aller aktuellen und potentiellen Lebensräumen
des Haselhuhns sollte unbedingt fortgeführt werden. Dies ist eine
wichtige Voraussetzung um Angaben über die Bestandsentwicklung der
Haselhuhn-Population zu erhalten.
Die einzelnen Haselhuhn-Habitate sollten unbedingt miteinander
vernetzt werden, z.B. durch das Anlegen von Laubholz-Korridoren durch grossflächige
Nadelwälder und durch die Verbindung von Waldmassiven. Daneben werden
biotopvebessernde Massnahmen (Verjüngung der Niederwälder, Anpflanzung
von beerentragenden Sträuchern) zu einer Stützung der Haselhuhn-Population
beitragen. Die Lohhecken könnten im Rahmen des Holzbedarfs genutzt
werden. Da zahlreiche Haselhuhn-Nachweise entlang von Wasserläufen
erbracht wurden, kommt diesen Bereichen eine besondere Bedeutung zu.
Langfristig sollte die Abkehr von den Altersklassenbeständen im
Staats- und Privatwald, also die Schaffung von strukturreicheren Mischwaldbeständen
angestrebt werden.
Um diese Ziele zu erreichen ist eine Sensibilisierung der Waldbesitzer
unerlässlich.
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Abb. 1: Nach einer Haselhuhnbrut Foto: Robert Schmidt
Abb. 2: Huderpfanne des Haselhuhns Foto: Robert Schmidt
Abb. 3: Brutlosung des Haselhuhns Foto: Robert Schmidt
Abb. 4: Walzenlosung des Haselhuhns Foto Robert Schmidt
Abb. 5: Federn einer Haselhuhnrupfung. Gefunden 2.2.90 Grenzbereich
Nordrhein-Westfalen u. Rheinland-Pfalz Foto Robert Schmidt
Abb. 6: Trittsiegel des Haselhuhns Foto S. Schmidt-Fasel