LNVL-Position (2002)

Wege zu einer zeitgemässen Jagdpraxis

Siehe auch:

Abschuss von Rehen im 20. Jh. in Luxemburg

Abschuss von Hirschen im 20. Jh. in Luxemburg

Abschuss von Wildschweinen im 20. Jh. in Luxemburg

Abschuss von Hasen im 20. Jh. in Luxemburg

Abschuss von Iltissen in Luxemburg

Abschuss von Rebhühnern im 20. Jh. in Luxemburg

Fazit - Zusammenfassung

Quellen

Vorwort

Mit dem Thema „Jagd und Vogelschutz“ hat unsere Vereinigung sich schon seit ihren Anfängen befasst und es ist ihr auch gelungen, im Laufe der Jahrzehnte deutliche Akzente in Bezug auf den Naturschutz zu setzen. So publizierten wir schon im Jahre 1924 eine Broschüre  mit dem Titel „Jagdgesetz und Vogelschutz“. Vier Jahre später verlangten die Vogelschützer in einem weiteren Positionspapier z.B. das Einführen einer Jägerprüfung, das totale Verbot von Pfahl- und Tellereisen und die Abschaffung des Dohnenstiegs (Schlingenfang), was  dann auch erfolgreich umgesetzt wurde. Bei anderen damaligen Forderungen dauerte es aber „etwas“ länger;  der Greifvogelschutz wurde erst 1967 gesetzliche Realität bei uns (demnach eine Inertie von über 40 Jahren).
Die LNVL will also mit dem vorliegenden Papier ihre Tradition fortsetzen und einen Beitrag zu einer deutlichen Verbesserung der augenblicklichen Jagdpraxis leisten. Sie hofft dabei, genau wie vor Jahrzehnten, mit ihren Forderungen einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung über „Naturschutz und Jagd“ zu leisten.
Jagd, wie sie derzeit von vielen Freizeitjägern ausgeübt wird, sieht sich einer zunehmenden öffentlichen Kritik ausgesetzt. Zum einen schwindet der Konsens der Gesellschaft darüber, daß Wildtiere eine natürliche Ressource sind, die nachhaltig nutzbar sein kann, zum anderen müssen sich Teile der Jägerschaft sagen lassen, daß ein Umdenken in der Jagdpraxis unbedingt erforderlich ist. Dabei vertreten viele Jäger, Bauern, Forstwirte und Naturschützer oft die gleichen Interessen, ist doch bei fast allen eine enge Verbundenheit mit der Natur zu notieren, wenn auch aus verschiedenen Motivationen heraus. Ohne die Gemeinsamkeiten außer acht zu lassen, wollen wir uns in diesem Positionspapier mit den Grenzen zwischen Jagd und Naturschutz befassen, um eine zeitgemäßere Form der Jagdausübung herbeizuführen. Eine Neuorientierung muss sich nach den Prinzipien des Natur- und Tierschutzes und nach den biologischen und ökologischen Grundsätzen richten.
Wildlebende Tiere wurden seit Menschengedenken als natürliche Lebensmittel genutzt und galten besonders in Zeiten von großer Hungersnöten als willkommene Nahrungsmittel, die so manchem das Überleben sicherten.
Heute ist, wenigsten in den europäischen Ländern, die Nahrungsbeschaffung abgesichert, und man ist nicht mehr auf wildlebende Tiere angewiesen. Doch betrachtet man die natürliche Reproduktionsrate der wildlebenden Tiere, so wird deutlich, dass die Natur unter günstigen Bedingungen einen gewissen Überschuss produziert, den wir Menschen nutzen können. Das Fleisch eines geschossenen Wildtieres kann durchaus als natürlich gewachsenes und gesundes Lebensmittel für den menschlichen Verzehr verwendet werden. Ein nachhaltiges “Abschöpfen” entsprechend dem Umfang natürlicher Sterblichkeiten, etwa bei Stockenten oder Rehwild, ist zwar nicht zwingend notwendig, gefährdet den Bestand dieser Arten aber nicht.
Die Jagd verliert aber dann ihre Berechtigung, wenn sie dazu betrieben wird, um vermeintliche Beutekonkurrenten wie Fuchs, Rabenkrähe, Mäusebussard, Habicht u.v.a. auszuschalten, mit dem Ziel, den eigenen Jagderfolg sicherzustellen oder sogar zu erhöhen.
1. IST JAGD ANGEWANDTER NATURSCHUTZ?
Die nachhaltige Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft ist das Hauptziel, des Naturschutzes. Jagdgesetzgebung und Jagdpraxis hingegen sind bis heute von zwei Interessen beeinflusst: Die gängige Waidmannsethik liefert die Berechtigung zur Wildfütterung, um Wildtiere vor dem vermeintlichen Hungertod zu bewahren. Ökologische Argumente werden dabei nicht berücksichtigt. Diese einseitige jagdliche Orientierung trägt dazu bei, dass Reh und Wildschwein derzeit die höchsten Dichten seit Menschengedenken erreichen.
Eine direkte Folge sind Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft, die sowohl die Leistungs- und Nutzungsfähigkeit als auch durch selektives Verbeißen vor allem von Laubbäumen die Vielfalt von Natur und Landschaft erheblich einschränken und damit dem Naturschutz diametral gegenüberstehen. Die natürliche Selektion sorgt nicht mehr für gesunde und starke Baumbestände.
Die Aussage der Jäger, Wildbestände in vergleichbarer Weise wie die ausgerotteten Großsäuger Wolf, Luchs und Bär mit der Waffe regulieren zu können oder gar zu müssen, dokumentiert eine völlige Selbstüberschätzung des Menschen.
Regulation in der Natur folgt anderen Kriterien als sie derzeit von den Jägern angewandt werden (z.B. Bestandssicherung resp. –steigerung, Trophäen). Schutz einer Tierart durch Töten einer anderen Art erreichen zu wollen, ist kein Naturgesetz per se. Wer legt fest, welches Leben das wertvollere ist?
Bekannt ist, dass die Populationen der Tiere, auch derjenigen, die am Ende der Nahrungskette stehen, sich langfristig selbst regulieren durch Konkurrenz, Nahrungsangebot, extreme Witterungsbedingungen, Krankheiten und natürliche  Reproduktionsregelung.
Die Verfolgung von Beutegreifern, steht auch im Gegensatz zum Tierschutzgesetz, das einen vernünftigen Grund für das Töten eines Tieres vorschreibt. Auch das Naturschutzgesetz  verbietet ausdrücklich das ungerechtfertigte Töten selbst von nicht geschützten Tieren. Beutegreifer haben noch nie eine Tierart in natürlichen Lebensräumen ausgerottet. Probleme in dieser Hinsicht gab es lediglich als Folge von menschlichen Eingriffen (Faunenverfälschung, Biotopveränderungen) .
Die Geschichte hat uns deutlich gezeigt, dass das unüberlegte Bejagen von Wildtieren zur Ausrottung von Großraubtieren (Luchs, Wolf, Bär) von kleineren Beutegreifern (Fischotter, Uhu und teilweise Wildkatze), ja sogar von Huftierarten  (Wisent, Auerochse) und Nagetieren (Biber) in unseren Breiten geführt hat. Hier gehen Jagd und Naturschutz sicher nicht mehr Hand in Hand.
Jagd kann keine Berechtigung finden in der „Regulation“ des Naturhaushaltes.
Der Jäger erwartet durch hauseigene Regulation immer gleiche Bestände mit schöner Regelmäßigkeit. Die Natur aber bringt große Schwankungen über viele Jahre hinweg hervor.
Immer noch orientiert sich die Jagd an den Verhältnissen einer historischen Kulturlandschaft, deren chemiefreie Landwirtschaft mit langen schmalen Parzellen hohe Niederwilddichten, z.B. von Hase und Rebhuhn, ermöglichte.
Die heutige ausgeräumte und intensiv genutzte Agrarlandschaft lässt aber nur noch geringe Wilddichten zu, was zu stetigen Konflikten zwischen Jagd, Landwirtschaft und Naturschutz führt. Jeder Lebensraum hat allerdings nur eine gewisse Tragfähigkeit (carrying capacity).
Gemeinsamkeiten von Naturschutz und Jagd sind sicherlich zu finden in der artenreichen Gestaltung unserer Landschaften, in der Renaturierung der Feldflur, in einer naturnahen Forstwirtschaft oder im Vorgehen gegen immer weitere Zerschneidung intakter Lebensräume.
1.1 DEFIZITE DER AKTUELLEN JAGDPRAXIS
Durch das Aufzeigen von Mißständen sollen die Verdienste vieler Jäger bei der Landschaftspflege und Biotopgestaltung nicht geschmälert werden. Es gibt Pächter im Land, die sich aktiv bei der Pflanzung von Heckenstreifen und Feldgehölzen oder der Anlage von Wildäckern engagieren. Auch die Jagdpresse prangert in Bezug auf die Niederwildmisere die Ausräumung unserer Landschaften an, fordert gesetzliche Gegenmaßnahmen, und Jäger beteiligen sich lobenswerterweise an Wiederanpflanzungen von Feldflurgehölzen.
Einige Punkte bedürfen jedoch einer fundamentalen Neuorientierung der aktuellen Jagdpraxis:
Fütterung des Wildes: ökologisch nicht zu vertreten
Die als Hegemaßnahme verstandene Fütterung stellt einen schweren Eingriff in die dynamischen Prozesse und die biologischen Gleichgewichte dar. Füttern ist mitverantwortlich für die unnatürlich hohen Wilddichten und dafür, dass die natürliche Selektion weitgehend ausgeschaltet wird. Allgemein verbreitet ist das breitwürfig offene Ausstreuen von Mais an den für Schwarzwild ganzjährig zugänglichen Ablenkfütterungen im Wald. Daß sich an solchen Plätzen mit offen daliegendem Futter das Rehwild mit bedient, zeigen die zahlreichen Rehfährten im aufgewühlten Boden. Auch Eichelhäher holen sich dort ihre Ration und versäumen dabei, die ihnen von Natur aus zugedachte Rolle im Naturhaushalt zu erfüllen.
Eine Fütterung im Walde kann Wildschweine kaum von der Flur abhalten, da sie hier tierische Eiweiße, die sie benötigen, aufsuchen.
Durch die übertriebenen Fütterungen stehen die Rehe im Winter mancherorts in größeren Rudeln zusammen. Die aus dieser überhöhten Konzentration resultierende Verbissbelastung ist der Grund, warum sich Eichen, Eschen, Buchen und Sträucher nur in Gattern verjüngen lassen.
Das häufige Fahren abseits der Wege zum Beschicken der Kirrungen (Lock-, Ablenkfütterungen) und Fütterungen, selbst in Naturschutzgebieten, ist auch aus ökologischer Sicht nicht zu vertreten (Umweltbelastung durch Abgase und Lärm, Verdichtung des Waldbodens).
Aussetzen von Wild: eine Sackgasse
Die gezielten Wiederbevölkerungsversuche in der freien Wildbahn aus Gründen der Blutauffrischung oder der Bereicherung der Jagdreviere erwiesen sich im Nachhinein als ökologischen und finanziellen Fehlschlag. Oft waren ausgesetzte Tiere Träger von Krankheiten. Hasen wanderten wieder zurück in Richtung Geburtsort. Von den ausgesetzten Rebhühnern (1974 waren es z.B. 5 800 Stück) pflanzten sich kaum einige wenige fort. Stimmt das natürliche Umfeld nicht, so kann auch das Aussetzen von Wild nicht von Erfolg gekrönt sein.
Auch Versuche, den amerikanischen Truthahn oder das afrikanische Perlhuhn einzubürgern, schlugen fehl.
Experten stimmen heute überein, dass Einbürgerung von nicht einheimischen Arten (Damwild, Muffelwild) keinen Sinn ergibt . Dazu liegt das Risiko viel zu hoch, dass Seuchen eingeschleppt werden, dass natürliche Gleichgewichte durch neue Konkurrenten zerstört, und unvorhersehbare Probleme bei Nahrungssuche entstehen. Die Folgen sind nicht abzuschätzen.
Ausschalten von Beutekonkurrenten nicht zu vertreten!
Beutegreifer spielen eine wichtige Rolle im Naturhaushalt. Trotzdem töten Jagdberechtigte des öfteren das „Raubzeug“ wie man Unkraut wegspritzt und bringen so wichtige Regeln in der Natur durcheinander.
Abgeschossene Greifvögel, die auf dem Röntgenbild eindeutig Schrotkörner aufweisen, werden, trotz Abschussverbotes, immer wieder aufgefunden. Auch können in einigen Wäldern auffallend wenige leere oder sogar überhaupt keine Greifvogelhorste mehr nachgewiesen werden, was einer natürlichen Besiedlung, wie man sie in anderen Teilen Luxemburgs vorfindet, keineswegs entspricht. Das Einhalten der gesetzlichen Bestimmungen fällt anscheinend manchem Jäger oder Jagdhüter auch heute noch sehr schwer. Dabei spielen Greifvögel eine wichtige Rolle im Gesunderhalten ihrer Beutetiere. Sie bejagen meist schwächere oder kränkelnde Tiere und sorgen somit für den Erhalt starker Populationen.
Selbst Tiere, die keinem Fressfeind ausgesetzt sind, unterliegen einem natürlichen Regulationssystem.
Die Faktoren, die eine Bestandsentwicklung beeinflussen, sind:
1) Geburtsrate,
2) Sterberate,
3) Ein- und Auswanderung.
Todesursachen sind vor allem:
- Verhungern
- Krankheiten
- Stress
- Temperaturstürze (Erfrieren) oder –anstiege
- Naturkatastrophen u.a.
Ein Eingreifen der Jäger als „Ersatzwölfe“ oder „Ersatzbären“ ist also überflüssig!
1.2 DAS WALD-WILD-PROBLEM – NATURNAHE WALDWIRTSCHAFT IN FRAGE GESTELLT
In natürlichen Laubmischwäldern dominieren unterholzarme Altbestände. Natürliche Störungen und Verjüngungsphasen haben flächenmäßig nur geringe Anteile, so dass großflächige Urwälder aus Laubbäumen in der Kraut- und Strauchschicht wenig Äsung bieten und daher zu den wildarmen Lebensräumen zählen. Im mitteleuropäischen Wirtschaftswald findet sich für Reh und Rothirsch ein im Vergleich zu den Urwäldern wesentlich höheres Äsungsangebot. Naturverjüngungen unter dem aufgelichteten Altholz, Jungbestände, Dickungen, Wegränder und Kahlflächen bieten viel Äsung und Deckung. Die Ausrottung der Raubsäuger, zu geringe Abschußzahlen und eine überzogene Hege mit Fütterung haben im wesentlichen zu einer hohen Wilddichte bei Reh, Wildschwein und stellenweise beim Rothirsch beigetragen.
Für den Wald blieb diese Entwicklung nicht ohne Folgen. Vielerorts liegen die Wilddichten über der Tragfähigkeit der Wald-Lebensräume. Es entstehen Verbiss- und Schälschäden, die einer natürlichen Verjüngung der Haupt- und Nebenbaumarten zuwiderlaufen. Jahrzehntelang wurde dies von Grundeigentümern und Förstern akzeptiert, indem man auf Anbau und Verjüngung der Haupt- und Nebenbaumarten verzichtete oder kostenintensive Verbissschutzzäune errichtet hat.
Spätestens seit der Anwendung des Prinzips der “Naturnahen Waldwirtschaft” durch die Forstverwaltung, die u.a. einen weitgehenden Verzicht auf Kahlschläge und die Förderung einer kostengünstigen und natürlichen Waldverjüngung vorsieht, kommt der Bejagung des Schalenwildes eine Schlüsselrolle zu. Nur wenn diese wirkungsvoll und effektiv durchgeführt wird, kann das erklärte Ziel, stabile, artenreiche und produktive Wälder zu erziehen, von Erfolg gekrönt sein.
Höhe des Abschusses: entscheidende Weichenstellung für Eigenart des Waldes.
Da sich die naturnahe Waldwirtschaft nicht ohne ökonomische Grundlage durchhalten lässt, ist die Höhe des Abschusses die entscheidende Weichenstellung für Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Waldes. Zwischen Jägern, Förstern und Naturschützern muss daher eine intensive Diskussion angestrebt werden, die mit dem Stichwort “Wald-Wild-Problem” umschrieben wird.
Wer den naturnahen Dauerwald will, der muss eine möglichst hohe nachhaltige Nutzung des Schalenwildes anstreben und umsetzen.
Die Messlatte für die Abschussbemessung ist die tatsächliche Verbissbelastung. Geht der Verbiss trotz Abschuss nicht zurück, ist die Population für das gegebene Gebiet zu hoch.
1.3 ÖKOLOGISCH SINNVOLLES AUSWEISEN VON JAGDLOSEN
Die Einteilung der Jagdlose entspricht in Luxemburg keineswegs immer den natürlichen Abgrenzungen eines Lebensraumes. Wie sollte es möglich sein, den Wildbestand eines Reviers zu kontrollieren und zu managen, wenn vier, fünf oder mehr verschiedene Pächter sich beispielsweise ein zusammenhängendes Waldgebiet aufteilen? Wie kann eine koordinierte Jagdweise in einem Landstrich gefunden werden, wenn viele verschiedene, voneinander unabhängige Akteure in einem zusammenhängenden Gebiet aktiv sind und eine Konzertation fehlt?
Die Revieraufteilung muss sich an den natürlichen, landschaftlichen und ökologischen Gegebenheiten orientieren statt an für die Natur völlig sinnlosen administrativen Abgrenzungen.
1.4 JAGD IN NATURSCHUTZGEBIETEN – NUR BEI VERZICHT AUF PRIVILEGIEN
Obwohl generell Einigkeit darüber besteht, dass sich die Jagd in Naturschutzgebieten dem Schutzziel unterzuordnen hat (Bonner Konvention, Ramsar-Konvention), sitzt auch hier der Teufel im Detail.
Die Ausweisung eines Naturschutzgebietes hat auch deutliche Vorteile für den Wildbestand:
  • Kulturlandschaft, und damit Wildtierhabitate, werden gesichert und erhalten
  • intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzungsformen werden vielfach eingeschränkt
  • eine artenreiche Flora und Fauna wird erhalten
  • Formen der intensiven Freizeitnutzung der Natur werden verboten
  • Die Ausübung der Jagd in Naturschutzgebieten muss nicht generell verboten werden. Es können aber gewisse Einschränkungen auferlegt werden. Die vergleichsweise geringe Beeinträchtigung durch solche Bestimmungen haben die Pächter in ihrem eigenen jagdlichen Interesse und im Interesse des Naturschutzes hinzunehmen. Die Jagdausübung bleibt ihnen meist gestattet, und die ihnen auferlegten Beschränkungen sind mit denen vergleichbar, die für die Besucher der Naturschutzgebiete gelten.
    Wie wollen die Jäger denn einer zunehmend kritischer werdenden Öffentlichkeit plausibel machen, warum sie sich als Privilegierte zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Auto, Hund und Waffe nach Belieben in Naturschutzgebieten bewegen und jagen dürfen, während es der übrigen Bevölkerung per Verordnung untersagt ist, die Wege zu verlassen, Lärm zu machen oder ihre Hunde frei laufen zu lassen?
    Gerade in größeren Naturschutzgebieten ließe sich durch eine Reduktion der Jagd auf kurze Intervalle mit einer möglichst effizienten Schalenwildbejagung die Erlebbarkeit und Beobachtbarkeit von Wildtieren für die Bevölkerung verbessern.
    1.5 JÄGERPRÜFUNG – ANSATZPUNKT EINER NEUBESTIMMUNG
    Damit die Jäger in Zukunft ihrer Rolle als Biotopbetreuer gerecht werden können, ist eine Reform der Jägerausbildung erforderlich. Fächer wie Ökologie und Naturschutz sind in der Jägerausbildung absolut unterbewertet.  Von den angebotenen 30 Einheiten sind lediglich 2 der Ökologie gewidmet. Dies ist absolut ungenügend, um sich auch nur Ansätze von Naturverständnis zu verschaffen. Die ökologischen Zusammenhänge in der Natur sind viel zu komplex, als dass man sie in so kurzer Zeit begreifen könnte. Von einem „Grünen Abitur“ kann also derzeit nicht die Rede sein.
    Die LNVL fordert das Festsetzen von Prüfungsfragen durch verbandsunabhängige Wildbiologen, Ökologen und Jagdwissenschaftler sowie eine stärkere Berücksichtigung wildbiologischer und ökologischer Themen.
    1.6 VEREIDIGTE JAGDAUFSEHER ZWISCHEN ZWEI STÜHLEN
    Die Jagdhüter, soweit sie offiziell vereidigt sind, unterstehen der Vollmacht der Staatsanwaltschaft einerseits, sind aber von einem privaten Arbeitgeber angestellt, der natürlich andere Prioritäten setzt wie es der Staat tun würde.
    Dabei geraten die Jagdhüter in die missliche Lage, den Interessen von zwei verschiedenen Orientierungen gerecht werden zu müssen. Konfliktsituationen sind eigentlich so vorprogrammiert.
    Der Auftraggeber eines staatlich vereidigten Jagdhüters darf nicht eine Privatperson sein!
    Eine Lösung dieser Problematik kann nur in dem Sinne geschehen, dass auch ein offizielles Gremium die Kontrolle über die Jagdhüter durchführt.
    1.7 DIE FALLENPROBLEMATIK
    Die Fallenjagd dient hauptsächlich der Dezimierung der Beutekonkurrenten des Jägers. Schon allein aus diesem Grund gibt es heute keine Rechtfertigung mehr, überhaupt noch Fallen zu benutzen.
    1.8 JAGD AUF FREILAUFENDE HAUSTIERE
    Besitzer von Hunden und Katzen sind von Rechts wegen daran gehalten, dafür zu sorgen, dass die Haustiere nicht in freier Natur herumstreunen.
    Wildernde und verwilderte Haustiere können effektiv ein Problem für verschiedene Tierarten darstellen. Das rechtfertigt aber nicht den Abschuss von Katzen und Hunden, wenn sie kurzfristig unbeaufsichtigt sind. Bei Katzen besteht zudem das Problem der Verwechslung mit der sehr seltenen Wildkatze.
    2. ZEITGEMÄSSE JAGDPRAXIS AM BEISPIEL AUSGEWÄHLTER WILDTIERE
    Die Chancen einer naturgerechten Jagdpraxis, aber auch die praktischen Mißstände, kommen am besten zum Ausdruck, wenn man die Situation bei einzelnen Wildarten näher betrachtet.
    2.1  REHWILD CONTRA “NATURNAHE WALDWIRTSCHAFT”
    Anpasser mit Zuwachsraten

    Quelle: Admin. des Eaux et Forêts,  Service de la Chasse et de la Pêche

    Rehwild hat in den letzten Jahrzehnten erstaunlich hohe Bestandsdichten erreicht. Im selben Zeitraum aber veränderten sich die landschaftlichen Gegebenheiten seines Lebensraumes dramatisch, so dass ein alarmierendes Ungleichgewicht zwischen Dichte und Habitat entstand.
    Die hohe Anpassungsfähigkeit des Rehwildes erlaubt es ihm, sogar durch die menschliche Zivilisation grundlegend veränderte Lebensräume vom Friedhof bis zur ausgeräumten Agrarlandschaft zu besiedeln.
    Aufgrund seiner Häufigkeit ist das Rehwild unter den Wildtieren die größte natürliche Ressource, die durch eine effektive Bejagung genutzt werden kann. Die Jagd kann dazu beitragen, die biologische Vielfalt und den wirtschaftlichen Ertrag der Wälder zu fördern, indem sie die Verbissschäden herabsetzt. Diese Zielsetzung könnte durch folgende Änderungen der Jagdgesetzgebung und Jagdpraxis unterstützt und leichter umgesetzt werden:
    Füttern von Rehwild muss gesetzlich verboten werden.
    Die Dichte des Rehbestandes muss wieder durch gezieltes Management den natürlichen Verhältnissen in unserer Kulturlandschaft angepasst werden.

    2.2 ROTWILD – WENN DER HIRSCH KEIN GEWEIH HÄTTE?

    Quelle: Admin. des Eaux et Forêts, Service de la Chasse et de la Pêche

    Das Rotwild gehört zur ursprünglichen Natur Luxemburgs und verdient genau so gut wie andere Arten Schutz. Seit Menschengedenken kam dieses Wild nur verhältnismäßig selten hier vor, was sich durch ein Zusammenspiel von gängiger Jagdpraxis und Mangel an optimalen Biotopen erklären lässt. Wenn also in rezenter Zeit eine Zunahme der Abschüsse in Luxemburg festzustellen war, so ist dies wohl an erster Stelle auf massive Fütterungen zurückzuführen, durch welche das Rotwild an das gegebene Jagdrevier gebunden wird, auch wenn der Lebensraum dort unzureichend ist. Wer am meisten füttert, hat die größten Chancen, ein Stück Wild zu schießen. Ist auf diese Art einmal ein Bestand herangezüchtet worden, könnten empfindliche Schälschäden  in der Forstwirtschaft entstehen, wenn nicht weiter gefüttert würde.
    Auch in einem natürlicheren Umfeld wird die soziale Lebensweise des Rotwildes immer zu lokalen Verbiss- und Schälschäden führen. Bei einem Verzicht auf ortsfeste Fütterungen und daraus resultierendem, großräumigerem Umherziehen der Rudel, würden sich aber die Schäden räumlich verteilen und – bei entsprechender Bejagung – in einem tolerierbaren Rahmen halten.
    Der Rothirsch verdient als größtes freilebendes Säugetier ein artgerechtes wildbiologisches Management. Ziele wären eine größere Verteilung und eine verbesserte Lebensraumnutzung durch den Wildtierbestand. Eine nachhaltige jagdliche Nutzung könnte demnach nur durch ein angepasstes Management erfolgen.
    Bestrebungen, eine auf „Trophäenzucht“ ausgerichtete Auslese durch Abschuss zu betreiben, haben nichts mehr mit Natur und Naturschutz zu tun.
    Im Zuge der “Naturnahen Waldwirtschaft” ist in sensiblen Einstandsgebieten das Waldwegenetz zu überprüfen und ggf. zurückzubauen. Eine Beruhigung großer, zusammenhängender Waldgebiete ist nur zu erreichen durch gezielte Besucherlenkungskonzepte und eine Minderung des Jagddrucks, wovon sicher auch andere Wildarten profitieren würden.
    Der Rothirsch soll wieder die natürlichen, viele Hirschgenerationen alten Wanderkorridore in Europa nützen können. Nur so kann es zum genetischen Austausch zwischen den verschiedenen Hirschpopulationen kommen. Diese von Jägern und Naturschützern gemeinsam angestrebte Zukunftsvision kann nur erreicht werden, wenn bei der Raumplanung die Zerschneidung unserer Landschaften gestoppt und sogar rückgängig gemacht wird bspw. durch konsequentes Einplanen von Grünbrücken und Querungstunnels, die nicht nur dem Rotwild zugute kämen.

    2.3 SCHWARZWILD – JAGD ODER TIERHALTUNG?
    Keine andere Wildart hat in den letzten Jahren so stark zugenommen wie das Schwarzwild. Das anhaltende Wachstum der Populationen in Luxemburg wie im übrigen Mitteleuropa lässt sich mit Zahlen aus den Streckenstatistiken sehr gut belegen.


    Quelle: Admin. Des Eaux et Forêts, Service de la Chasse et de la Pêche

    Heute wird oft die große Nützlichkeit des Schwarzwildes betont, da es mitunter erhebliche Mengen an Mäusen, Insekten und deren Larven vertilgt. Daneben spielt Schwarzwild eine wichtige Rolle als Bodenvorbereiter für die natürliche Waldverjüngung. Bei hoher Schwarzwilddichte werden aber nahezu alle Eicheln aufgefressen, so dass man in den betroffenen Wäldern selbst nach Mastjahren vergeblich auf die flächige Eichenverjüngung wartet. Auch die negativen  Auswirkungen auf die Amphibienpopulationen sind bekannt. Starke Schwarzwildbestände richten also nicht nur in der Landwirtschaft Schaden an.
    Gründe für ansteigende Bestände:
    Von wissenschaftlicher Seite werden für die in ganz Mitteleuropa derzeit ansteigenden Bestände mehrere Gründe vorgelegt:

  • Längere Frostperioden und hohe Schneelagen sind in den letzten Jahren ausgeblieben.
  • Die Häufung von Mastjahren bei Waldbäumen (Eicheln, Bucheckern) stärkt die Kondition der Tiere und fördert die Anlage von Fettreserven.
  • Der Strukturwandel in der Landwirtschaft, insbesondere der Maisanbau, hat das Nahrungsangebot deutlich verbessert.
  • Das fast ganzjährig gleichbleibend gute Nahrungsangebot und der Mangel an extremen Witterungsbedingungen wirken sich positiv auf die Trächtigkeitsrate der weiblichen Tiere aus. Heutzutage werden das ganze Jahr über Frischlinge geboren.
  • Wildschweine verfügen über eine hohe Anpassungsfähigkeit - und Reproduktionsfähigkeit.
  • Zu diesen  allgemein anerkannten Ursachen kommt, dass die Jägerschaft pro Jahr zusätzlich tonnenweise Mais an die Wildschweine verfüttert. Die Begründung, man müsse die Tiere im Wald füttern, um sie von den landwirtschaftlichen Flächen fernzuhalten, geht oft an den Tatsachen vorbei.
    Einer der Hauptbeweggründe für die teilweise exzessiven Fütterungsmethoden ist die Absicht, die Sauen an das eigene Revier zu binden. Die Bestände vermehren sich aufgrund des optimalen Futterangebots prächtig. Immer mehr Tiere müssen mit immer mehr Futter von den Feldern abgehalten werden. Derartige Praktiken jedoch entsprechen einer Tierhaltung und sind von einem modernen Wildtier-Management weit entfernt.
    Weiß man aber, wie schwierig die Jagdausübung auf überwiegend nachtaktive Sauen ist, dann versteht auch der Laie, warum die Bestände im Land explosionsartig zugenommen haben und die Jagd dieser ungebremsten Entwicklung nur hinterher rennt.
    Eine sofortige Einstellung der Ablenkfütterung käme sicher einem Desaster gleich, da die überhöhten Schwarzwildbestände noch mehr als bisher über Felder und Fluren "herfallen" würden. Ein schrittweiser Ausstieg aus der bisherigen Fütterungspraxis jedoch ist längst überfällig.
    In den Schwarzwildrevieren sollte der schrittweise Ausstieg aus der Fütterung und Ablenkfütterung bis hin zum generellen Fütterungsverbot erfolgen.
    Als Allesfresser hat eine hohe Wildschweindichte Auswirkungen auf den Bestand von Niederwild und Bodenbrütern (z.B. Waldschnepfe). Insofern wäre es im Interesse der Jäger, den Bestand der Wildschweine in Grenzen zu halten.
    Eine möglichst hohe nachhaltige Nutzung des Schwarzwildes trägt zur Reduktion von Schäden in Land- und Forstwirtschaft bei und vermindert die Gefahr der Schweinepest.
    2.4 FELDHASEN – SELBSTBESCHRÄNKUNG IST GEFRAGT
    Eigentlich ist der Feldhase ein klassischer Kulturfolger, der sich als ursprünglicher Busch-Steppen-Bewohner an die vom Menschen verursachten Landschaftsveränderungen (Waldrodung und Landbewirtschaftung) optimal anpassen konnte. Er gilt als Leitart und Parameter für die Vielgestaltigkeit der ackerbaulich genutzten Flur und steht somit stellvertretend für die historische, wenig mechanisierte und chemiefreie Landwirtschaft. Wie viele andere Arten der offenen Kulturlandschaft leidet aber auch der Feldhase unter dem jahrzehntelangen und bis heute andauernden Intensivierungsdruck durch die Landwirtschaft.


    Quelle: Admin. Des Eaux et Forêts,   Service de Chasse et de la Pêche

    Von Jägerseite wird nach wie vor den Beutegreifern, insbesondere dem Fuchs, die Mitschuld an der Hasenmisere zugeschoben.
    In reich strukturierten Hasenlebensräumen mit vielen Feldgehölzen und somit guten Deckungsmöglichkeiten überlebt, trotz hoher Fuchsdichten, ein deutlich größerer Anteil der Februar- und Märzhasen als in deckungsarmen Gebieten (SPÄTH, 1989). Der Einfluß des Rotfuchses sollte demnach nicht überbewertet werden. Statt sich also zum “Überregulator” aufzuschwingen und Fuchs und Rabenkrähe als die Feinde des Feldhasen hinzustellen, sollten die Jäger ihre Bemühungen noch viel stärker auf Lebensraumverbesserung ausrichten.
    Untersuchungen haben gezeigt, dass Hasen sogar im Sommer manchmal regelrecht verhungern, weil ihnen ein abwechslungsreiches Angebot an Wildkräutern fehlt.
    Dabei ist eine vernünftige jagdliche Nutzung der Feldhasenbestände im Rahmen der natürlichen Herbst-Winter-Verluste wildbiologisch durchaus verträglich und ermöglicht eine numerische Anpassung der Bestandsdichte an die Flaschenhalssituation im Winter. Allerdings gibt es für den gerne gesellig lebenden Hasen eine "kritische Dichte": unterhalb von ungefähr 20 Feldhasen pro 100 ha sollte auf die jagdliche Nutzung vollständig verzichtet werden (MOELLER, 1972, ZOERNER, 1981). Dies wäre in Luxemburg der Fall.
    Der Feldhase zählt als Indikator einer arten- und strukturreichen ackerbaulich genutzten Flur zu den gefährdeten und schutzbedürftigen Wildarten. Jagdliche Schutz- und Fördermaßnahmen sollten sich auf Maßnahmen zur Steigerung der Lebensraumkapazität konzentrieren. In Kooperation mit der Landwirtschaft, dem Naturschutz, der Landschafts- und Landesplanung sind große zusammenhängende Hasenlebensräume vor Eingriffen und Flächenverbrauch zu schützen. Bei unvermeidbaren Eingriffen sind gemeinsam geeignete Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen durchzusetzen. Eine hypothetische Erhöhung der Jagdstrecken durch eine ertragsorientierte Verfolgung und Dezimierung von Beutegreifern wird abgelehnt.
    Schlüsselgrößen sind der Anteil an dauerhafter Vegetation (Grünland, Graswege, Ackerraine und Feldgehölze), die Vielfalt der Feldfrüchte und ein möglichst ganzjährig kontinuierlich wechselndes Angebot an junger grüner Vegetation (Wintergetreide, Sommergetreide, Hackfrüchte, Zwischenfrüchte, Auflaufgetreide). Kleine Parzellen und herbizidfreie Getreidefelder mit großer Kräutervielfalt, wie sie im Ökolandbau üblich sind, müssen stärker begünstigt werden.
    Da der Feldhase sensibel auf die Zerschneidung der Landschaft durch Baugebiete und Verkehrswege reagiert, sollte die Reduktion von Zerschneidungslinien in der Landschaft durch Verkehrsvermeidung, Grünbrücken, Wilddurchlässe und, wo möglich, Straßenrückbau bei Planungsprozessen zur Selbstverständlichkeit werden.

    2.5 DER FUCHS – EIN PROBLEM DER JÄGER
    Die aus menschlicher Sicht dem Fuchs angedichtete List und Schlauheit geben seit jeher den Ausschlag für die Verfolgung "unseres gefährlichsten Räubers". Bei der Wahl der Mittel war man nie zimperlich: Ausräuchern, Vergasen, Tellereisen und sogar der Einsatz von Strychnin waren gängige Methoden, um den Konkurrenten im Jagdrevier den Garaus zu machen. Als Argument wurde angeführt, durch die Ausrottung der natürlichen Feinde, die wohlgemerkt auch der Mensch betrieben hat, sei der Jäger gezwungen, die Kontrolle der Fuchspopulation selbst zu übernehmen.
    Der Fuchs scheint dagegen eindeutig vom Wohlstandsmüll und den vielen Straßenverkehrsopfern unter der heimischen Tierwelt zu profitieren. Denn trotz 100 - jähriger Fuchsbejagung sind die Dichten gestiegen.
    Völlig aus den Fugen geraten sind die Fuchsbestände allerdings erst durch die Tollwutimmunisierung, da durch diese Medikation ein natürliches Regulativ ausgeschaltet wird. Vor der Impfung der Füchse gegen das Tollwutvirus starben mitunter mehr als die Hälfte der ortsansässigen Fuchspopulationen an Tollwut (SCHNEIDER, 1977).

    Die tollwutbedingte Sterblichkeit des Menschen lag in Europa zu Beginn der achtziger Jahre bei vier Personen pro Jahr (ANDERSON, 1981). Inzwischen ist es möglich, zumindest den Menschen erfolgreich gegen Tollwut zu impfen (WINKLER & BÖGEL). Dabei kann eine Infektion mit dem Virus, selbst nach dem Auftreten von Symptomen, durch zeitlich gestufte Verabreichungen von Impfungen kurz nach dem Biss erfolgreich abgeblockt werden. Insofern sollte von der Wildtier-Tollwut keine ernsthafte Gefährdung des Menschen mehr ausgehen. Es besteht für exponierte Personen sogar die Möglichkeit bzw. die Pflicht, sich prophylaktisch gegen Wildtollwut impfen zu lassen (SCHNEIDER, 1993).

    Die öffentliche Diskussion um die Tollwut ist in jüngster Zeit durch den Kleinen Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) abgelöst worden.

    Die Ursache für den Fuchsbefall sind die physiologischen Voraussetzungen seines Verdauungsapparates und seine Vorliebe für Mäuse. Die relativ lange Magen-Darm-Passage des Fuchses verschafft dem Parasiten genügend Zeit, sich als adulter Bandwurm im Dünndarm des Fuchses zu etablieren. Die Hauptnahrung des Fuchses, also die Erd- und Feldmäuse, dienen dem Parasiten als Zwischenwirt. In diesem vermehrt sich der Parasit sehr effektiv. Bei der Verbreitung des Kleinen Fuchsbandwurmes spielt deshalb auch die Populationsgröße der Erd- und Feldmäuse eine entscheidende Rolle. Ein Fuchs ist in der Regel von vielen adulten Bandwürmern befallen. Er scheidet große Mengen an Bandwurmeiern aus, doch können diese sich nur dann effizient weiterentwickeln, wenn sie einen geeigneten Zwischenwirt finden. Das Risiko, für den Menschen an einer alveolären Echinokokkose zu erkranken, besteht dann, wenn er statt der Maus als Zwischenwirt fungiert.

    Hat die Jagd einen entscheidenden Einfluss auf die Fuchspopulation und damit auf die Verbreitung der Tollwut und des Fuchsbandwurmes? Wohl kaum, denn trotz der stetig ansteigenden Fuchsstrecken werden die Jäger ihrem selbstgestellten Regulationsanspruch nicht annähernd gerecht. Feldfüchse reagieren vor allem sehr rasch auf jagdliche Eingriffe durch eine erhöhte Reproduktion und eine zurückgehende natürliche Sterblichkeit. Zudem werden entstehende Freiräume in der Flur meist sehr schnell durch Füchse aus dem Wald wieder aufgefüllt, wo seitens der Jäger traditionell an der Fuchsbejagung kein großes Interesse besteht.  Häufig wird vergessen, dass die natürliche Sterblichkeit der Jungfüchse durch die Sommerbejagung reduziert wird. Eine derartige Intensiv-Jagd mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln einzig zur Steigerung des Jagdertrages beim Niederwild wird aus Natur- und Tierschutzsicht abgelehnt.
    Aufgrund seiner Häufigkeit und der Verwertbarkeit des Winterbalges ist der Rotfuchs unter den Beutegreifern eine Ressource, die man durch effektive Bejagung nutzen könnte. Die jagdliche Nutzung des Rotfuchses sollte deshalb aber nur auf das Winterhalbjahr beschränkt sein.
    Grundsätzlich abgelehnt wird eine Verfolgung während der Setz- und Aufzuchtszeit des Fuchses, ebenso eine Bejagung mit dem Ziel der Begünstigung jagdlich nutzbarer Niederwildbestände.
    Da aufgrund der Impfmöglichkeiten nach einem Biss für den Menschen eine geringe Gefahr besteht, ist auf die Tollwutimmunisierung der Füchse zu verzichten.
    In den kommenden Jahren werden mit größter Wahrscheinlichkeit noch viele Krankheitserreger und spezifische Zwischenwirte bei den Wildpopulationen gefunden werden. Der Mensch wird nie alle Gefahren, die von der Natur ausgehen, auffinden und schon gar nicht kontrollieren können.
    Außerdem bedeutet jeder Eingriff in die Natur eine Veränderung des natürlichen Fließgleichgewichtes, deren Folgen nie einzuschätzen sind.

    2.6 DIE MARDERARTIGEN – FLEISCHFRESSENDE SÄUGETIERE MIT WICHTIGER FUNKTION
    Wie der Fuchs genießen auch Stein- und Baummarder, Iltis, Hermelin und Mauswiesel sowie der Dachs in Jägerkreisen in der Regel keinen hohen Stellenwert. Zum Raubwild und Dezimierer des Niederwildes abgestempelt, wurde ihre wichtige Rolle im Naturhaushalt, etwa bei der Regulation von Mäusepopulationen, bisher viel zu wenig beachtet.
    Mit Ausnahme des Steinmarders leiden die hier genannten Arten genauso wie viele andere unter der massiven Verschlechterung ihrer Lebensräume. Der Jägerglaube, heute noch hier regulierend eingreifen zu müssen, ist absurd. Für eine Bejagung und das Töten eines Tieres in der freien Landschaft gibt es außer dem Nutzungsaspekt keinen vernünftigen Grund. Ein Wegfangen des Steinmarders in Siedlungen ist ein Schadensvermeidungsaspekt, der mit der Jagd in der freien Landschaft nichts zu tun hat (s. Fallenjagd)

    Der Steinmarder – ein anpassungsfähiger Kulturfolger
    Der äußerst anpassungsfähige Steinmarder gilt als ausgesprochener Kulturfolger. Er ist ein Allesfresser und dringt regelmäßig bis in die Zentren der Großstädte vor. Da die Wildart kaum Schaden in der freien Wildbahn anrichtet, ist aus diesem Grunde von einer Bejagung abzusehen.
    Im Siedlungsbereich sollte die Möglichkeit allerdings bestehen, aus Gründen der Schadensbegrenzung, Maßnahmen gegen den Steinmarder zu ergreifen.

    Der Baummarder – ein selten gewordener Waldbewohner
    Im Gegensatz zum Steinmarder ist der Baummarder an den Wald gebunden, wo er gut strukturierte Altholzbestände mit vielen Baumhöhlen bevorzugt. Der Baummarderbestand ist zur Zeit wahrscheinlich rückläufig.
    Trotz des wertvollen Pelzes dieser Marderart genießt sie aufgrund ihres ökologischen Nutzens in Luxemburg eine ganzjährige Schonzeit. Dies muss auch in Zukunft so bleiben oder die Art sollte genau wie Iltis, Hermelin und Mauswiesel unter Schutz gestellt werden.

    Der Iltis
    Der Iltis ernährt sich vorwiegend von Mäusen, Wanderratten, Fröschen, Kröten und Wildkaninchen. Er ist stark abhängig von den klimatischen Bedingungen, den Versteckmöglichkeiten und den Nahrungsressourcen seines Lebensraumes, und sein Bestand hat in den letzten Jahren abgenommen.
    Da eine Schadwirkung gegenüber dem Niederwild nicht nachzuweisen und anhand seines Nahrungsspektrums auch nicht zu erwarten ist, wird seit August 2001 von einer Bejagung abgesehen.

    Hermelin und Mauswiesel – die (un)heimlichen Mäusevertilger
    Hermelin und Mauswiesel sind in erster Linie Mäusejäger. Zur Deckung ihres Energiebedarfs sind beide Wieselarten in erster Linie damit beschäftigt, Nahrung zu suchen und zu fressen. Dabei müssen sie täglich eine Nahrungsmenge verspeisen, die rund einem Drittel ihres Körpergewichtes entspricht.
    Hermelin und Mauswiesel üben einen starken Einfluss auf zyklische Mauspopulationen aus. Sie können beispielsweise in der Zeit von Februar bis April die Dichte der Wühlmäuse um die Hälfte reduzieren. Dabei ist es nicht nur die Jagd auf die Wühlmäuse, die hier zu Buche schlägt. In freier Feldflur werden Beobachtungen von Hermelinen immer seltener. Eine ganzjährige Schonzeit des Hermelins (seit August 2001)  und des Mauswiesels besteht zur Zeit.

    Der Dachs – ein Erdmarder mit breitem Nahrungsspektrum
    Das aufgrund der Begasungsaktionen in den sechziger und siebziger Jahren beim Dachs eingetretene Bestandstief scheint mittlerweile überwunden zu sein.
    Der Dachs ist ein alles fressender Erdmarder, bei dem sich das auf landwirtschaftlich genutzten Flächen vielfach günstige Nahrungsangebot (Maisanbau) vorteilhaft auswirkt. Er nutzt ein breites Nahrungsspektrum: in vielen Gebieten sind Regenwürmer seine Hauptnahrung, die durch Mäuse, Insekten und pflanzliche Nahrung ergänzt wird.
    Eine “Schadwirkung” auf das Niederwild geht vom Dachs nicht aus.
    Da der Dachs eine geschützte Art ist, sollte auch in Zukunft unter allen Umständen von einer Bejagung abgesehen werden.

    2.7 ENTENJAGD
    Wie nur wenige andere Tierarten profitieren Entenvögel von der allgemeinen Eutrophierung der Landschaft, insbesondere dem Nährstoffeintrag in unsere Fließ- und Stillgewässer.
    Wasservögel bedürfen keiner jagdlichen Reduktion.
    Auch muss von einer Fütterung abgesehen werden, denn echte Notzeiten, die eine Fütterung erforderlich machen würden, gibt es nicht. Die flugfähigen Tiere kennen keine echte Futterknappheit da in harten Wintern ein Großteil der Wasservögel die zugefrorenen Gewässer verlässt.
    Gegen eine nachhaltige Nutzung des Wildbrets häufiger Arten, zur Zeit nur das der Stockente, ist nichts einzuwenden, wenn dabei gültiges Recht und die Erfordernisse des Natur- und Tierschutzes berücksichtigt werden. Die Wasservogeljagd muss zukünftig versuchen, alle Störungen, die unzweifelhaft von ihr ausgehen, auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
    Ein größeres Problem bei der Entenjagd ist die Artenbestimmung. Sehr gute Kenntnisse sind vom Jäger erfordert, um bei Dämmerung Vögel auch im Schlichtkleid schnell zu bestimmen. Eine bessere Schulung in punkto Artenkenntnis könnte hier eine Lösung sein.
    Außer der Stockente zählen alle Wildenten zu den gefährdeten und schutzbedürftigen Arten und dürfen nicht gejagt werden.
    Um die schleichende Vergiftung der Umwelt und der Wasservögel durch Bleischrote zu verhindern, muss der Gesetzgeber ein Verbot von Bleischrot zugunsten von Weicheisenschrot einführen.
    Der Schrotschuss auf im Schwarm fliegende Enten ist nicht tierschutzkonform und wird abgelehnt.
    2.8 RABENVÖGEL - ANMERKUNGEN ZU EINEM DAUERSTREIT
    Rabenkrähe, Elster und Eichelhäher werden in Luxemburg noch als Wild geführt, sind also nicht geschützt. Die Saatkrähe ist allerdings ganzjährig geschützt.
    Üblich war bisher das gezielte Ausschießen der Nester im Frühjahr, dem sicher auch die eine oder andere Eule bzw.  einmal Turmfalken zum Opfer fielen. Dennoch wurden Rabenvögel in ihrer Dichte noch nie vom Jäger unter Kontrolle gebracht.
    Viele Jäger verschanzten sich einmal mehr hinter ihrem selbstgesteckten “Regulationsanspruch”. Dass diese Latte zu hoch aufgelegt wurde, müsste jedem Jäger längst klar geworden sein.
    Der ökologische Zustand unserer Kulturlandschaft ist in den letzten Jahren sicher nicht besser geworden. Die optische Zunahme der Rabenvögel resultiert in erster Linie aus der häufigeren Beobachtung in der Nähe menschlicher Siedlungen, aufgrund des Nahrungsangebotes (Abfallkörbe, Fütterung) und der abnehmenden Scheu vor Menschen. Die Gefährdung anderer Singvogelpopulationen lässt sich in diesem Zusammenhang nicht nachweisen.
    In der einseitigen Diskussion um die jungvogelfressenden, räuberischen Eichelhäher wird gerne deren wichtige Funktion als “Waldgärtner” bei der Verjüngung und Ausbreitung der Stiel- und Traubeneiche vergessen. Die durch überhöhte Schalenwildbestände und das “Waldsterben” gefährdeten Eichenarten sind aufgrund ihrer schweren Samen auf den Ferntransport angewiesen, wenn auf natürliche Art und Weise neue Standorte besiedelt werden sollen. Bei dieser Samenverbreitung spielen, neben den Eichhörnchen, die Eichelhäher eine ausschlaggebende Rolle. Auch die Rolle der Rabenvögel als Nestbauer für Falken und Eulen ist viel zu wenig bekannt.
    Aus ethischer Sicht hat die LNVL ihre Position zum Abschuss der Rabenvögel bereits ausführlich kundgetan. Da eine Verfolgung von Beutegreifern und Rabenvögeln zugunsten der Ertragssteigerung beim Niederwild grundsätzlich abgelehnt wird, tritt die LNVL nach wie vor für den Schutz von Rabenkrähe, Elster und Eichelhäher ein. Ihre Rolle im Naturhaushalt als Aasvertilger, Nestbauer und Waldbegrüner ist viel zu bedeutsam, als daß man sie dem Reinertragsdenken einiger Jäger preisgeben darf.
    Zu dem allgemeinen viel diskutierten Thema „Problemvogelarten“ (z.B. Kormoran, Graureiher...) wird die LNVL in einem nächsten Positionspapier Stellung nehmen.
    2.9. REBHUHN, BEKASSINE, WALDSCHNEPFE, FASAN

    Quelle: Admin. des Eaux et Forêts, Service Chasse et Pêche
    Anmerkung: In den Jahren 1990 bis 2000 bestand Schonzeit für das Rebhuhn. Es durften also keine geschossen werden.

    Die Statistik des Niederganges der Rebhuhnpopulation zeigt, wie dramatisch diese Vogelart die Folgen der neuen Strukturen und Arbeitsmethoden unserer Landwirtschaft erleben musste. Auch die vielen Neuanpflanzungen durch Naturschutzorganisationen und Jägervereinigungen konnte hier keine Trendwende herbeiführen.
    Bekassine und Waldschnepfe erlitten dasselbe Schicksal. Der letzte Eintrag eines Bekassineabschusses datiert aus dem Jahr 1982. Die Abschusszahlen der Waldschnepfen sanken von 1 092 nach dem 2. Weltkrieg auf ganze 57 Stück im Jahre 1999 zurück.
    Die Zahl der geschossenen Fasanen, auch wenn es sich hier um eine künstliche aufgebaute Population handelt, sank von 5 271 im Jahr 1970 auf 67 Tiere.
    Heute ist die Jagd auf Bekassine und Rebhuhn eingestellt.
    Die Bekassine gehört nicht mehr zum „Wild“, wohl aber noch das Rebhuhn. Unerklärlich bleibt auch die Tatsache, dass die Waldschnepfe immer noch bejagt werden darf.
    Es besteht kein Zweifel, dass die Biotopveränderungen durch Siedlungs- und Straßenbau, sowie die teilweise Ausräumung unserer Landschaften durch Felderzusammenlegung und die Trockenlegung von Feuchtgebieten Schuld an dieser Misere sind. Auch wenn in den letzten Jahren das ONR (Office National du Remembrement) vermehrt Anstrengungen in der Biotopgestaltung macht, auch wenn die Habitatdirektive die Ausweisung von gefährdeten Flächen verlangt, so wird sich der Bestand der erwähnten Arten ohne ein fundamentales, übergreifendes Naturschutzkonzept in Luxemburg nicht erholen können.
    In dieser Richtung sollte die Jägerschaft Anstrengungen unternehmen. Es wäre in ihrem eigenen Interesse und sie könnte so einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz leisten.

    2.10 PROBLEMATIK DER NEUBÜRGER
    Im Bereich der nicht-einheimischen Arten, wie Bisam, Nutria, amerikanischer Nerz (Mink), Marderhund und Waschbär – Damhirsch und Muffelwild nicht zu vergessen (siehe oben) –, kann die Jägerschaft einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz leisten, indem sie die Populationen dieser unerwünschten Neubürger durch gezielten Abschuss in Grenzen hält oder gar nicht erst aufkommen lässt. Allerdings würde dies eine Aufnahme dieser Tiere in die Liste der als „Wild“ geführten Arten voraussetzen.
    3. JAGDTOURISMUS WELTWEIT
    Soll uns hier in Luxemburg die Jagd in anderen Ländern gleichgültig sein?
    Natürlich nicht! Im gleichen Maße wie uns die Erhaltung von Taigawäldern und tropischen Regenwäldern am Herzen liegen muß, sollten wir uns nicht darauf beschränken nur die Artenvielfalt hierzulande im Visier haben. Jäger unserer westlichen Länder können auch durch unüberlegtes Handeln am Artenschwund weltweit mitschuldig werden. Auch luxemburgische Jäger gehen des Öfteren ins Ausland zur Jagd.
    Meist spielt sich die Jagd in Gebieten ab, in denen von der Größe der Fläche her die Natur frei evoluieren könnte und müsste, ohne irgendein Eingreifen des Menschen. Außer dem Spaß an der Jagd gibt es keinen Anlass zum Töten dieser eher seltenen Tiere.
    Der Jagdtourismus ist gekennzeichnet durch die Trophäenjagd, die Sportjagd oder die Gesellschaftsjagd. Trophäenjagd aber widerspricht jedem Natur- und Artenschutz. Tiere mit respektablen Trophäen sind nämlich meist Tiere, die im Verband ihrer Familie, ihrer Sippe oder ihres Rudels eine bedeutende Rolle spielen. Durch Abschuss dieser Tiere werden die Strukturen solcher Verbände durcheinander gebracht. Trophäentiere sind extrem wichtig für die genetische Evolution der jeweiligen Tierarten. Der Abschuss führt zwangsläufig zur Verkümmerung der Artenmerkmale. Artenveränderungen werden also vorsätzlich von Jägern herbeigeführt. Die LNVL spricht ein klares Nein zum Töten von Tieren zum eigenen Vergnügen aus.
    Der Import von Trophäen bedrohter Arten wird durch das internationale CITES Abkommen (Convention on the International Trade of Endangered Species) geregelt, aber ungenügend kontrolliert.
    Um das Töten zu vermeiden, wird heute schon oft die Betäubungsjagd ausgeübt, bei der es nur darauf ankommt, das Tier zu treffen, mit Jäger zu fotografieren und wieder frei zu lassen. In diesem Fall wird das Tier zum Spielzeug degradiert.
    Das Argument, durch die Jagd ärmeren Ländern finanziell unter die Arme zu greifen, kann nicht gelten. In fast allen Fällen werden diese Jagden von Organisationen veranstaltet, die ihre Gewinne keineswegs in den betroffenen Ländern belassen, sondern für eigene Interessen exportieren.
    Was die Zugvögel betrifft, die wir hierzulande wohl schützen, die aber in fernen Ländern legal oder weniger legal abgeknallt werden, tritt die LNVL mit anderen verbündeten Organisationen (Birdlife International) ein für einen kontinentalen und interkontinentalen Schutz.
    Eigentlich müsste man von allen Jägern genügend Respekt vor der Natur erwarten, so dass sie nicht – zusätzlich zu anderen Gefahren – allein ihres Vergnügens wegen eine weitere Bedrohung für die Artenvielfalt unserer Erde darstellen.
    4. ETHISCHE ÜBERLEGUNGEN
    Bei der Jagd sind nicht nur Naturschutzaspekte relevant, sondern auch ethische Überlegungen müssen bedacht werden.
    Die Artenschutzfrage lässt sich nicht von der Überlegung trennen, dass Arterhaltung vor allem auch Erhalt des Erbgutes sein muss. Erfolgreicher Artenschutz muss garantieren, dass die geschützten Populationen nicht nur am Leben erhalten werden und überleben, sondern auch noch an der Evolution teilnehmen.
    Die Jagd wird oft mit dem Prinzip der nachhaltigen Nutzung gerechtfertigt. Nachhaltigkeit wird aber nach menschlichem Denken definiert, nicht vordergründig nach Naturgesetzen. So muss man sich die Frage stellen, ob die Natur nicht ihre eigene Daseinsberechtigung hat.
    Auch rein tierschützerische Aspekte sollten nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden. Bei der Jagd wird getötet, und jedes Lebewesen hat ein Recht darauf, nicht unnötigem Leiden ausgesetzt zu sein. In der westlichen Welt bestehen mittlerweile Ansätze zur Proklamation von Tierrechten, etwa als Pendant zu den Menschenrechten. Bestrebungen in diese Richtung sind nicht von vorne herein als Spinnerei abzutun.
    Tierhaltungsaspekte müssen vor allem bei der Jagdhundedressur bedacht werden. So ist es sicherlich verwerflich, Hunde für Hetzjagden (z.B. auf den Fuchs) besonders herzurichten. Auch die Ausbildung der Hunde an lebenden Tieren muss verboten sein.
    Nicht alle Staatsbürger teilen ohne weiteres die Ansichten der Jagdbefürworter in punkto Jagdterritorium. So sind z.B. nicht mehr alle Grundstückbesitzer bereit, auf ihrem Grundstück die Ausübung der Jagd zu erlauben. Wenn ein solcher Bürger in diesem Zusammenhang ethische Bedenken hat, die sehr persönlich sein können, so muss er sein Grundstück aus dem Jagdlos ausklammern können. Der gesetzliche Zwang an einer Teilnahme an Jagdsyndikaten kann also in Frage gestellt werden, nicht zuletzt aus Menschenrechts - Überlegungen. Dies geht jedenfalls aus richterlichen Äußerungen in einem Prozess gegen den französischen Staat beim Menschenrechtsgerichtshof hervor. Einer adäquaten Lösung dieses Gewissenskonflikts dürfte hierzulande bei einer Reorganisierung der Jagdgesetzgebung nichts im Wege stehen. Allerdings muss sich jeder Grundstückbesitzer im Klaren sein, wie er sich verhalten soll, falls Wildschäden aus seinem Gelände auftreten und wem die Verantwortung in einem solchen Falle zukommt.
    Fazit:
    In einer Gesellschaft, die sich immer mehr von der Natur entfernt, bedarf es einer Partnerschaft all derer, die sich in irgend einer Weise mit der Natur beschäftigen. Um zu einer konstruktiven Zusammenarbeit und zu einem Bündnis mit Naturschutz, Wald- und Landwirtschaft sowie Erholung zu kommen, müssen sich die Jäger unmissverständlich von den Strömungen distanzieren, die in der Jagd in erster Linie ihr privates Vergnügen sehen. Sie sollten erkennen, dass auch sie Opfer einer fortschreitenden Lebensraumzerstörung geworden sind. Nur im Bündnis mit dem Naturschutz liegt die Chance, Kulturlandschaft und Artenvielfalt zu erhalten.

     
     
    Zusammenfassung:

    Bedingungen für eine zeitgemäße Jagdpraxis sind:

    - Ökologisches Verantwortungsbewusstsein in den Vordergrund stellen
    - Artenreichtum als Ziel von Jagd und Naturschutz setzen
    - Nicht nach dem Grundsatz von „Schädlichkeit“ und „Nützlichkeit“ jagen
    - Verzicht auf  Hegemassnahmen
    - Verzicht auf Fütterung
    - Beutegreifer als natürliche Regulatoren anerkennen
    - Jagd auf bedrohte Tierarten einstellen
    - Mindestabschusspläne auf Grundlage von Verbissgutachten erstellen
    - Absolutes Verbot von Bleischrot
    - Verbot der Fallenjagd
    - Ausbildung von Jägern und Jagdhütern verbessern
    - Neuverfassung des Jagdgesetzes
    - Nein zur Trophäen-, Sport- und Gesellschaftsjagd!
    - Wald- und Flurschäden als Indikatoren für Wildpopulationen interpretieren
    - Wildbestand einem naturnahen Waldbau anpassen
    - Biotoppflege in der Agrarlandschaft zum Erhalt von Wild und Artenvielfalt vorantreiben
    - Vermeiden jeglicher weiterer Zerschneidung unserer Landschaft
    - Vermehrt Grünbrücken und Querungstunnels bei Straßenbauprojekten einplanen
    - Waldreservate mit Besucherlenkung einrichten

    Quellen:
    - Eaux et Forêts  Service Chasse et Pêche
    - NABU (1999): Jagd als naturnahe Landnutzung
    - NABU (2001): Jagdpolitisches Grundsatzpapier
    - LNVL (1924): Jagdgesetz und Vogelschutz
    - Ökologischer Jagdverein Deutschland: www.oejv.de
    - Baghli & Engel (2001) : Régime alimantaire semi-annuel de la fouine au Luxembourg. Bulletin de la SNL 101
    - Bützer, W.  (2001): Rotwild-Biologie, Verhalten, Umwelt, Hege  BLV München
    - Hennig, R. (1998): Schwarzwild – Biologie, Verhalten, Hege, Jagd BLV München
    - Hespeler, B. (2000): Zeitgemäße Jagdstrategien
    - Hespeler, B. (1999): Rehwild heute . BLV München
    - Hespeler, B.  (1992): Reviergestaltung
    - Hespeler, B. (1999): Raubwild heute BLV München
    - Hespeler, B. (1999): Wildschäden heute BLV München
    - Schley, L. (2000): The Badger Meles meles and the wild boar Sus crofa: Distribution and damage to agricultural crops in Luxembourg
    - Schneider E. : Ethologie und Biologie des Feldhasen AFZ 8
    - Schneider L.G. : Orale Tollwutimpfung und der kleine Fuchsbandwurm
    - Späth V. : Untersuchungen zur Populationsökologie des Feldhasen, Freiburg
    - Sperber: Waldökosystem und Schalenwild
    - Stubbe, M. (1997): Naturressourcen der offenen Landschaft und ihre Perspektiven. Beiträge zur Jagd- und Wildforschung
    - Stubbe, M. (1999): Großräumige Wildbewirtschaftung, Fragmentierung von Lebensräumen und Ressourcenschutz.
    - Stubbe, M. & A. (1997): Das Mauswiesel bejagt oder geschützt
    - Wölfel, H. (1999): Turbo-Reh und Öko-Hirsch. Perspektiven zu Wild, Hege und Jagd
    - Zoerner H. : Der Feldhase, Wittenberg


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