Lëtzebuerger Natur a Vulleschutzliga asbl

LNVL klagt Versprechen zur Raumgestaltung in den Gemeinden Differdingen-Sanem ein

Die ganze Medienarbeit um den Regionalplan Süden und die Neugestaltung des „Site Belval“ kann zur Zeit nicht über die Ruhe hinwegtäuschen, die über den restlichen Brachen und über potentiellen Industrie-, Ablagerungs- und Umbaugelände im Süden unseres Landes vorherrscht. Trotzdem ist kaum anzunehmen, dass niemand in der Regierung sich Gedanken um die riesigen Flächen im Raume Differdingen und Sanem macht, die derzeit abgebaut, umgebaut, und neu gestaltet werden. Diese Areale, gelegen zwischen Niederkorn, Sanem, Zolverknapp und Fousbann, befinden sich entweder in der Hand der ARBED oder des Staates und bestehen aus Schlackenhalden, Bauschuttdeponien, Sondermülldeponien (ARBED), Transportwegen, Wasserflächen, Industriezonen, Grünzonen und Brachen, welche teilweise schon neuen Bestimmungen zugeführt wurden oder in Zukunft neu affektiert werden.

Hatten die Einwohner und die Umweltorganisationen in diesem Raum schon vor fünfundzwanzig respektiv acht Jahren ihre Bedenken zu den damaligen Vorhaben (Hanebësch, Kronospan, Deponien, Industriezonen) angemeldet, so spitzt sich das Misstrauen gegenüber neuen, undurchsichtigen und bedenklichen Planungen erheblich zu. Zu sehr wurde die hiesige Bevölkerung in den letzten Jahren vor vollendete Tatsachen gestellt, mit Versprechen beschwichtigt und mit Teillösungen getäuscht.

Das Lastenheft quillt über!

Die Problemzone Sanem ist seit Jahren bekannt: Eine intakte Landschaft wurde durch die Collectrice du Sud zerschnitten, eine Kompensierung für verschwundenen Naturareale wurde durchgesetzt und 28 000 Eichenbäume angepflanzt. Knapp zwei Jahre später wurden alle auf Allgemeinkosten angepflanzten Bäume illegal weggebaggert (Gemeinderatsbericht Sanem: 15.9 1994) und das Gelände der Kronospan und der Bauschuttdeponie „Pafewee“ geopfert. Am 2. Februar 1998 (Welttag zum Schutze der Feuchtgebiete!) wurde der letzte Weiher mit einer Länge von 150 Metern auf besagtem Gebiet zugebaggert.
Der „Woiwerbësch“ zwischen Differdingen (Fousbann) und Sanem wurde durch die sich stetig ausbreitende und Ablagerungsorte benötigende Arbed restlos zerstört.
Bei der Schaffung der Industriezone „Hanebësch“ (Niederkorn) wurden die letzten grösseren Weiher und Schilfgebiete und Feuchtwiesen der Gemeinde Differdingen zugebaggert, drainiert und trockengelegt. Dieser enorme Verlust sollte durch das Ausweisen der „Dreckswiss“ als Naturschutzgebiet kompensiert und der alte Lauf der Korn auf diesem wertvollen Teilstück restauriert werden. Entsprechende Pläne wurden bereits 1986 seitens des „Service Conservation de la Nature“ der Forstverwaltung ausgearbeitet. Genau 360 Meter (1992!) wurden bisher renaturiert, während die Umklassierungsprozedur bis heute (!) noch nicht abgeschlossen ist. Dieser Verlust sollte nach Aussagen des damaligen Umweltministers Krieps durch das Ausweisen eines Naturschutzgebietes „Dreckswiss“ kompensiert werden. Bis heute wartet man vergebens auf eine solche Ausweisung.
Das Maß ist voll!

Versprechen bitte einhalten!

Nach mannigfaltigen Protesten bei der Ausweisung des Industrieparks Sanem-Differdingen wurde von öffentlicher Seite die Bevölkerung durch verschiedene Pressartikel besänftigt. Auszug LW vom 7.4.1994:
„Planieraupen, Bulldozer und Lastwagen bearbeiten seit Wochen das Gelände ... Die Natur soll dabei nicht zu kurz kommen. Ihr und der Öffentlichkeit werden 37,5 der 90 Hektar zur Verfügung gestellt, die das „Ilot Est“ des Industrieparks belegen wird“. „Drei Weiher wird das Gebiet enthalten...“ und als Fazit: „Das 90 Hektar große Gelände wird sich wie folgt aufteilen: 19 ha Industriegelände, 31,5 ha Bauschuttdeponie, 1,1 ha Zwischenlager, 1,5 ha Transformatorenstation, 34,5 ha öffentliche Grünanlagen, 2,5 ha Wasserflächen, 2 km Straßen, 2 km Eisenbahn.“
Damit hätten alle Betroffenen leben können, wenn... ja wenn die Versprechen eingehalten worden wären. Wo bleiben die öffentlichen Grünanlagen? Wer fühlt sich bei solchen Versprechen angesprochen? Wer macht sich ernsthaft Gedanken um die Freizeitareale der hiesigen Einwohner. In wenigen Jahrzehnten wurden praktisch sämtliche Naherholungsmöglichkeiten und Freiräume im Korntal von Rodange, Petingen (PED), bis Differdingen (Industriezone “Hanebësch“), Sanem (Pafewee), Fousbann („Woiwerbësch“) verbaut. Landwirtschaftliche Flächen wurden zusehends eliminiert. Die Umweltbelastungen von Kronospan und ARBED (Emissionen, Staub, Lärm, Abwasser, Anzapfen des Grundwassers etc.) und anderen ansässigen Industrien schränken die Lebensqualität der Bürger beträchtlich ein.
Die LNVL fordert das Einlösen der erwähnten Versprechen und das rigorose Einhalten der Auflagen der Emissionen der Betriebe sowie eine effizientere Kontrolle.

Nein zu einer weiteren Umgehungsstraße!

Die Ortschaft Sanem ist im Augenblick eingekesselt durch Militärlager, Industriegelände, Bauschuttdeponie (2000 Lastwagen pro Tag!), Hochspannungsinstallationen und Umgehungsstraßen. Nun ist eine weitere Umgehungsstraße, die von Bascharage, in Planung. Sollten die vorhandenen Pläne des Straßenbauministeriums durchgeführt werden, so wird Sanem endgültig ihrer letzten Öffnung zu vorhandenen Naturräumen beraubt werden. Die Konzeptlosigkeit unserer Verkehrsplanung wird hier überdeutlich. Erst wurden riesige Handels-, Industriezonen und Einkaufzentren in und um Bascharage geplant ohne an Zufahrtwege zu denken, und dann wird sich plötzlich die Regierung der Probleme bewusst, die solche Fehlplanungen heraufbeschwören. Die Lösung kann nicht in einer weiteren Zerstückelung unserer restlichen Landschaft liegen. Die LNVL spricht ein klares nein zu diesem Straßenbauprojekt an dieser Stelle aus!

Konzepte der Landschaftsplanung sind gefragt!

Was die Einwohner der besagten Gegend am meisten ärgert ist die Konzeptlosigkeit mit der hier Landschaftsteile einer Bestimmung zugeordnet werden. Der englische Begriff „Creeping Death“ bewahrheitet sich zusehends: Langsam aber stetig werden Areale verbaut, sterben Landschaftselemente, werden Naturräume zum Nachteil der dort lebenden Mensch umfunktioniert. Unseren Informationen zufolge hat der Staat in den letzten Wochen ein größeres Areal von ARBED aufgekauft. Welchem Nutzen wird es zugeführt werden? Werden auf diesem Gebiet etwa die oben erwähnten Versprechen eingelöst? Es bestehen durchaus Handlungsmöglichkeiten und neue Konzepte von Raumnutzungdrängen sich auf!
Die LNVL fordert endlich eine Gesamtplanung für den Raum Sanem-Differdingen, in der alle ökonomischen, ökologischen, kulturellen und sozialen Aspekte berücksichtigt werden.

Industriegelände müssen auch Naturräume enthalten!

Industriegelände ist in den meisten Fällen in öffentlicher Hand. Deshalb kann und muss diese auch dafür sorgen, dass ein gesetzlich festgelegter Mindestanteil der genutzten Flächen für Naturräume zur Verfügung gestellt wird. Insbesondere die Abgrenzung zu den Anliegern muss naturnah gestaltet werden, um die Belästigungen, die mit einer industriellen Tätigkeit einhergehen, abzupuffern. Auch die Belegschaft der Betriebe würde sich freuen, in einem „grüneren Umfeld“ ihre Arbeitszeit oder auch etwa die Mittagspause zu verbringen.
Die LNVL fordert die Einbindung von Naturräumen in sämtlichen neuen Industriearealen sowie die Aufstellung eines „Leitfadens zur Gestaltung von naturnahen und damit lebenswerten Industriezonen“. Nur so kann die Lebensqualität für Einwohner und Arbeitnehmer verbessert werden.

Bauschutt sinnvoll nutzen!

Dass Problemareale auch positiv umgestaltet werden können, beweisen einige Bauschuttdeponien im Ausland. Besagte Beispiele konnten die verschandelte Landschaft im betroffenen Raum mittelfristig sogar verbessern. Bauschutt ist, falls richtig gesondert, kein Problemstoff, sondern kann sogar als bildendes Material aufgeschüttet werden, neue Landschaftselemente gestalten helfen und somit im Sinne des Naturschutzes positive Akzente setzen. Erdaushub, nach Abschluss der Deponie neu bepflanzt, kann in Form von Grüntrassen abgeschnittene Landschaftselemente wieder verbinden. Neu angelegte Spazierwege können zur Freizeit genutzt werden. Gezielte Lehmablagerungen können als Feuchtgebiete gestaltet werden, Steinhaufen können den verschiedensten Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum dienen, usw. Die LNVL bietet ihre Mithilfe beim Anlegen solcher Areale an, wehrt sich aber entschieden gegen sowie die noch immer vorherrschenden Billiglösungen, welche unweigerlich den Mülltourismusquer durch unser Land zur Folge haben, ja fördern. Auch für Bauschutt müssen folgende Zielsetzungen gelten: Vermeiden, verwerten, vor Ort verwenden und gestalterisch nutzen .

Den Süden als Ganzes valorisieren!

Die LNVL begrüßt die Bestrebungen des Innenministeriums, einen Regionalplan Süden aufzustellen. Dass ein solcher Plan nicht kurzfristig und allumfassend umgesetzt werden kann, versteht sich.
In diesem besonderen Fall wird aber wiederum deutlich, dass es klar am Willen hapert und
die Koordination zwischen den einzelnen Ministerien und auch zwischen den betroffenen Gemeinden nicht klappt. Die von allen Parteien hochgespielte Beteiligung des Bürgers wurde hier sträflichst vernachlässigt. Es ist längst an der Zeit, den Gedanken der Nachhaltigkeit mit Inhalt zu füllen. Lange genug wurde nach Definitionen gesucht. Die Umsetzung muss jetzt erfolgen!



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